Wirtschaftsplan und Sonderumlage

Anwalt Wohnungseigentumsrecht Wirtschaftsplan und Sonderumlage
Der Wirtschaftsplan und die Sonderumlage im Wohnungseigentumsrecht

Der Wirtschaftsplan ist der Haushaltplan der Wohnungseigentümergemeinschaft. Erweisen sich die Vorschüsse aufgrund des Wirtschaftsplanes im Laufe des Jahres als zu niedrig, können die Wohnungseigentümer eine Änderung oder Ergänzung der Vorschusspflichten beschließen. Die Nachforderung von Zahlungen aufgrund des Wirtschaftsplanes wird als Sonderumlage bezeichnet. Rechtsfragen des Wirtschaftsplanes und der Sonderumlage nehmen einen breiten Raum bei der Beratung durch einen Rechtsanwalt im Wohnungseigentumsrecht ein. Die Funktion des Wirtschaftsplanes und der Sonderumlage möchte ich deshalb nachfolgend als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht darstellen.

1. Wirtschaftsplan

Der Wirtschaftsplan ist vom Wohnungseigentumsverwalter für ein Kalenderjahr aufzustellen (§ 28 Abs. 1 WEG). Die Wohnungseigentümer können durch Vereinbarung ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmen. Die Aufstellung des Wirtschaftsplanes entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung im Wohnungseigentumsrecht. Deshalb kann jeder Wohnungseigentümer die Aufstellung des Wirtschaftsplanes vom Verwalter und die Beschlussfassung darüber von der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen (§§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 WEG).

a) Funktion des Wirtschaftsplanes

Der Wohnungseigentumsverwalter hat die mit der laufenden Verwaltung verbundenen Zahlungen zu erfüllen. Hierfür muss er auf das Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft zurückgreifen. Der Verwalter ist im Wohnungseigentumsrecht nicht berechtigt, wegen laufender Zahlungsverpflichtungen die Erhaltungsrücklage (Instandhaltungsrücklage) anzugreifen. Um zu gewährleisten, dass finanzielle Mittel für die laufende Verwaltung zur Verfügung stehen, ist ein Wirtschaftsplan zu erstellen. Mit dem Beschluss über Zahlungspflichten aufgrund des Wirtschaftsplanes werden die Wohnungseigentümer verpflichtet, regelmäßige Vorschüsse in Form der Haus- oder Wohngelder zu Händen des Verwalters zu leisten.

b) Inhalt des Wirtschaftsplanes

Der Wirtschaftsplan besteht aus dem Gesamtwirtschaftsplan für die Wohnungseigentümergemeinschaft und aus den Einzelwirtschaftsplänen für die einzelnen Wohnungseigentümer.

aa) Gesamtwirtschaftsplan

Im Gesamtwirtschaftsplan sind die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums aufzuführen. Die einzelnen Kostenpositionen sind betragsmäßig aufzugliedern. Dabei hat der Wohnungseigentumsverwalter die voraussichtlichen Kosten zu schätzen, wobei er sich an den Ausgaben des Vorjahres zu orientieren hat.
Bei der Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben steht den Wohnungseigentümern ein weiter Ermessensspielraum zu. Ist vorhersehbar, dass es bei einzelnen Wohnungseigentümern zu Zahlungsausfällen kommen kann, dann ist die Kostenschätzung um eine entsprechende Liquiditätsreserve zu erhöhen (BGH 15.06.1989 Az. V ZB 22/88).

Der Gesamtwirtschaftsplan muss im Wohnungseigentumsrecht auch die Beiträge zur Erhaltungsrücklage (bis 01.12.20: Instandhaltungsrücklage) enthalten (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Die Höhe der Beiträge zur Erhaltungsrücklage ist nach den tatsächlichen Verhältnissen und insbesondere nach dem baulichen Zustand des Hauses zu ermitteln. Die Rücklage soll dauerhaft so hoch bemessen sein, dass alle anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen hieraus bestritten werden können.

bb) Einzelwirtschaftspläne

Im Einzelwirtschaftsplan werden die Gesamtbeträge der Einnahmen und Ausgaben und der Erhaltungsrücklage anhand des geltenden Verteilerschlüssels auf die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten umgelegt. Die Einzelpositionen sind sodann zu addieren, woraus sich der im Wirtschaftsjahr vom Wohnungseigentümer insgesamt zu zahlende Vorschuss ergibt (§ 28 Abs. 1, 2 WEG). I.d.R. wird der Gesamtbetrag in monatliche Raten aufgeteilt, woraus sich das monatlich zu zahlende Hausgeld bzw. Wohngeld des Wohnungseigentümers ergibt.
Die Art und Weise der Hausgeldzahlung, Fälligkeit und Folgen des Zahlungsverzuges, können die Wohnungseigentümer durch Beschluss regeln (§ 28 Abs. 3 WEG).

c) Zeitpunkt der Erstellung des Wirtschaftsplanes

Der Wirtschaftsplan ist zu Beginn des Wirtschaftsjahres vom Wohnungseigentumsverwalter vorzulegen. Kommt der Verwalter seiner Vorlagepflicht im Wohnungseigentumsrecht nicht nach, kann jeder Wohnungseigentümer bzw. dessen Anwalt eine Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Erstellung des Wirtschaftspalnes richten. Da der Wohnungseigentumsverwalter als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Erstellung des Wirtschaftsplanes handelt, haftet diese auch für ein Verwalterverschulden (§ 31 BGB). Wird der Wirtschaftsplan erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres erstellt, dann ist er nichtig. Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres kann nur noch die Erstellung einer Jahresabrechnung verlangt werden.

d) Beschluss über Zahlungspflichten

Seit 01.12.20 erfolgt kein Beschluss mehr über den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne. Vielmehr ist nur noch über die Vorschüsse zu beschließen (§ 28 Abs. 1 S. 1 WEG). Die beschlossenen Zahlungspflichten müssen ordnungsgemäßer Verwaltung im Wohnungseigentumsrecht entsprechen. Das ist nicht der Fall, wenn sie zu wesentlich überhöhten Vorschüssen oder am Jahresende zu erheblichen Nachzahlungen führt.

Der Beschluss über die Zahlungspflichten kann innerhalb eines Monats durch die Wohnungseigentümer bzw. den beauftragten Rechtsanwalt gerichtlich angefochten werden (§ 44 Abs. 1 S. 1 WEG). Erfolgt keine Anfechtung, wird der Beschluss über die Zahlungspflichten bestandskräftig.
Fehler des Wirtschaftsplanes, wie z.B. ein falscher Verteilerschlüssel, sind in der Jahresabrechnung zu berichtigen. Wird der Beschluss über die Zahlungspflichten durch das Gericht für ungültig erklärt, können die Wohnungseigentümer die geleisteten Vorschüsse nicht zurückverlangen. Die Wohnungseigentümer können nur innerhalb einer zu beschließenden Jahresabrechnung, die Rückzahlung von Hausgeldern vorsehen.

e) Geltungsdauer des Wirtschaftsplanes

Der Wirtschaftsplan wird im Wohnungseigentumsrecht i.d.R. für ein Wirtschaftsjahr aufgestellt, welches dem Kalenderjahr entspricht (§ 28 Abs. 1 WEG). Die Wohnungseigentümer können auch beschließen, dass der vorliegende Wirtschaftsplan für einen längeren Zeitraum als ein Wirtschaftsjahr gelten soll (KG 07.01.2004 Az. 24 W 326/01). Es kann auch nach Ablauf der Geltungsdauer des Wirtschaftsjahres beschlossen werden, dass der Wirtschaftsplan fortgelten soll (KG 27.02.2002 Az. 24 W 16/02). Ein Beschluss, durch den die Weiterzahlung der Wohngelder aufgrund des letzten bestandskräftigen Wirtschaftsplanes bei nicht vorliegendem aktuellem Wirtschaftsplan festgelegt wird, übersteigt aber die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Ein solcher Beschluss ist nichtig. Es gibt dann keine Rechtsgrundlage mehr für die Hausgeldforderung (OLG D.-dorf 02.06.2003 Az. I-3 Wx 75/03).

Nach Ablauf der Geltungsdauer des Wirtschaftsplanes werden durch die Wohnungseigentümer keine Hausgeldvorschüsse mehr geschuldet. Der Wirtschaftsplan bleibt aber weiterhin im Wohnungseigentumsrecht Anspruchsgrundlage für noch nicht gezahlte Hausgelder. Das gilt auch dann, wenn bereits die Jahresabrechnung des betreffenden Wirtschaftsjahres beschlossen wurde, es sei denn, die Jahresabrechnung hat ergeben, dass die Bezahlung der rückständigen Hausgelder zu einer Überzahlung führen würde (BGH 30.11.1995 Az. V ZB 16/95). In diesem Fall wird der Wirtschaftsplan durch das Ergebnis der Jahresabrechnung begrenzt (BayObLG 24.08.2000 Az. 2Z BR 54/00).

2. Sonderumlage

Erwachsen der Wohnungseigentümergemeinschaft unvorhergesehene Ausgaben, die im Wirtschaftsplan nicht berücksichtigt sind, kann eine Änderung oder Ergänzung der Vorschusspflichten beschlossen werden. Die Änderung der Zahlungspflichten aufgrund des Wirtschaftplanes wird im Wohnungseigentumsrecht als Sonderumlage bezeichnet.
Die Sonderumlage soll weitere Zahlungsverpflichtungen der Wohnungseigentümer begründen, weil sich der Wirtschaftsplan als undurchführbar herausgestellt hat. Die Sonderumlage ist in der Jahresabrechnung abzurechnen (KG 22.11.2004 Az. 24 W 233/03).

a) Begründung durch Beschluss

Die Sonderumlage wird durch Beschluss begründet, der auch im Umlaufverfahren erfolgen kann. Der Beschlussgegenstand über die Sonderumlage erfolgt seit 01.12.2020 nur noch über die Zahlungspflichten und nicht mehr auch über das Rechenwerk. Ausnahmsweise genügt es, neben dem Gesamtumlagebetrag nur den Verteilungsmaßstab festzulegen, wenn sich der anteilige Sonderumlagebetrag durch einfache Rechenoperationen ermitteln lässt (BayObLG 20.11.2002 Az. 2Z BR 144/01). Die Verteilung muss nach dem für die jeweilige Kostenart geltenden Verteilerschlüssel erfolgen. Ist der Verteilungsmaßstab nicht bestimmt genug bezeichnet, entspricht der Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

b) Höhe der Sonderumlage

Hinsichtlich der Höhe der Sonderumlage haben die Wohnungseigentümer im Wohnungseigentumsrecht ein weites Ermessen. Die Sonderumlage kann großzügig beschlossen werden, hat sich aber an dem geschätzten Finanzbedarf zu orientieren. Es ist also eine Prognose über den zusätzlichen Geldbedarf anzustellen (BGH 13.01.2012 Az. V ZR 129/11).

c) Verwendung der Sonderumlage

Die Erhebung einer Sonderumlage ist im Wohnungseigentumsrecht nur anfechtbar, wenn die Gelder in absehbarer Zeit nicht benötigt werden.
Mit der Sonderumlage können auch die Kosten eines Rechtsanwalts im Rechtsstreit finanziert werden, wenn die Beschlüsse der Wohnungseigentümer erwartungsgemäß immer wieder angefochten werden (BGH 17.10.2014 Az. V ZR 26/14).
Die Wohnungseigentümer haben auch ein Ermessen, ob sie die Erhaltungsrücklage angreifen oder eine Sonderumlage in Form einer Erhaltungsumlage beschließen, weil Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich sind.
Soll mit der Sonderumlage der Ausfall von Hausgeldern gedeckt werden, so ist zu der Sonderumlage auch der Wohnungseigentümer heranzuziehen, der den Ausfall verursacht hat (BGH 15.06.1989 V ZB 22/88).

d) Haftung und Fälligkeit

Für die Sonderumlage haften im Wohnungseigentumsrecht die aktuellen Wohnungseigentümer. Der Erwerber einer Wohnung haftet für eine Sonderumlage, die nach Eigentumswechsel fällig wird, auch wenn deren Erhebung vor dem Eigentumswechsel beschlossen wurde.