Wer mit einem Fahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl er Alkohol oder andere berauschende Substanzen zu sich genommen hat, kann nicht nur eine Verkehrsordnungswidrigkeit begehen, sondern auch eine Verkehrsstraftat, wenn eine relative oder absolute Fahruntüchtigkeit vorliegt. Nachdem wir bereits die Alkoholfahrt als Ordnungswidrigkeit behandelt haben, wollen wir als Rechtsanwälte für Verkehrsrecht hier den Straftatbestand der Trunkenheit im Straßenverkehr gem. § 316 StGB erläutern.
1. Wann liegt Trunkenheit im Straßenverkehr vor?
Gem. § 316 StGB macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Ein Rechtsanwalt für Verkehrsrecht wird benötigt, um sich im Strafverfahren gegen den Vorwurf der Trunkenheit im Straßenverkehr zu verteidigen.
a) Öffentlicher Straßenverkehr
Voraussetzung des Tatbestandes der Trunkenheit im Straßenverkehr ist zunächst, dass man am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt. Von der Vorschrift werden damit alle dem öffentliche Straßenverkehr dienenden Wege, Plätze, Durchgänge, Brücken, Autobahnen, Radwege und Fußgängerwege umfasst. Voraussetzung ist lediglich, dass diese von der Öffentlichkeit benutzt werden können. Das ist z.B. auch bei einem zu einem Restaurant gehörenden Parkplatz selbst außerhalb der Öffnungszeiten der Fall (OLG D.-dorf, 23.09.1991, Az. 5 Ss 343/91). Auch auf einem privaten Betriebsgelände kann öffentlicher Straßenverkehr vorliegen, sofern der Zugang allgemein freigegeben, also nicht nur einem bestimmten Personenkreis erlaubt ist.
Kein öffentlicher Straßenverkehr liegt dagegen in einem Parkhaus außerhalb der Betriebszeiten vor (OLG Stgt., 27.04.1979, Az. 3 Ss (8) 184/79). Auch bei einem Kasernengelände, bei dem der Zugang nicht für jedermann freigegeben ist, liegt kein öffentlicher Straßenverkehr vor (OLG KA, 28.10.1980, 3 Ss 270/80).
b) Führen eines Fahrzeuges
Zudem muss ein Fahrzeug geführt werden. Unter einem Fahrzeug versteht die Rechtsprechung jedes Fortbewegungsmittel, sei es zu Land, zu Wasser oder in der Luft. Für „das Führen“ ist es erforderlich, dass sich das Fahrzeug in Bewegung befindet. Sofern also nur der Motor und das Licht angeschaltet sind, scheidet ein Führen eines Kraftfahrzeuges aus. Ob sich das Fahrzeug aus eigener Kraft bewegt, ist dabei unerheblich. Es reicht also bereits, dass ein Kraftfahrzeug einen Hang herunter rollt und sich daher in Bewegung befindet (BGH 29.03.1960, Az. 4 StR 55/60). Auch ein Fahrzeug, welches abgeschleppt wird, gilt als ein geführtes Fahrzeug (BGH, 18.01.1990, Az. 4 StR 292/89).
Für das Führen ist es noch nicht einmal erforderlich, dass man sich auf dem Fahrersitz befindet. Kommt es z.B. zu einer Aufgabenteilung dergestalt, dass der auf dem Fahrersitz Sitzende nur Gas, Bremse und Kupplung bedient, während der Beifahrer das Lenkrad bedient, so sind beide als Führer im Sinne der Vorschrift der Trunkenheit im Straßenverkehr anzusehen (BGH, 09.07.1959, Az. 2 StR 240/59).
c) Fahruntüchtigkeit
Fahruntüchtigkeit liegt dann vor, wenn der Führer des Fahrzeuges nicht mehr in der Lage ist sein Fahrzeug sicher zu führen. Sie ist also nicht erst dann gegeben, wenn der Fahrer überhaupt nicht mehr in der Lage ist das Fahrzeug zu führen. Die mangelnde Eignung ein Kraftfahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen liegt schon dann vor, wenn der Fahrer nicht in der Lage ist, das Fahrzeug über eine längere Strecke auch bei plötzlichem Auftreten von Gefahren sicher zu lenken.
Dabei kann die Fahruntüchtigkeit nicht nur durch Trunkenheit, also durch Alkohol herbeigeführt werden, sondern durch jede Substanz, die eine berauschende Wirkung hat.
aa) Alkohol
Das häufigste berauschende Mittel bei der Trunkenheit im Straßenverkehr ist Alkohol. Im Verkehrsrecht unterscheidet man hierbei zwischen relativer und absoluter Fahrtuntüchtigkeit.
(1) Absolute Fahruntüchtigkeit
Absolute Fahruntüchtigkeit wird bei der Trunkenheit im Straßenverkehr unwiderleglich dann angenommen, wenn bei dem Fahrer eines Kraftfahrzeuges eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr festgestellt wird (BGH 28.06.1990, 4 StR 297/90). Bei der Nutzung eines Fahrrades oder eines elektrischen Rollstuhles liegt absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,6 Promille oder mehr vor (OLG KA, 28.07.1997, Az. 2 Ss 89/97). Wenn dieser Grenzwert erreicht oder überschritten wird, ist allein aufgrund der Blutalkoholkonzentration, ohne das ein fehlerhaftes Fahrverhalten vorliegen muss, für jeden Kraftfahrer Fahruntüchtigkeit geben. Dieser Wert stellt nach den medizinischen Erkenntnissen die Grenze dar, ab der erfahrungsgemäß stets eine verkehrsgefährdende Leistungsminderung und Persönlichkeitsveränderung besteht (BGH, 22.04.1982, 4 StR 43/82). Ist der Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit erreicht oder überschritten, kann der Fahrer oder sein Rechtsanwalt im Prozess wegen Trunkenheit im Straßenverkehr auch nicht mit einem Gegenbeweis darlegen, dass er noch fahrtüchtig war.
(2) Relative Fahruntüchtigkeit
Liegt die gemessene Blutalkoholkonzentration zwischen 0,3 Promille und 1,1 Promille und ergeben die konkreten Umstände der Fahrt Anlass zur Annahme, dass der Fahrer nicht in der Lage war sein Fahrzeug sicher zu führen, liegt relative Fahruntüchtigkeit vor. Das bedeutet im Umkehrschluss, wenn die Blutalkoholkonzentration bis zu 0,5 Promille beträgt und kommt es nicht zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen, dann ist die Alkoholfahrt nicht wegen Trunkenheit im Straßenverkehr strafbar, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit. Als Ausfallerscheinungen kommen insbesondere das Fahren von Schlangenlinien, Sprachstörungen und unkoordinierte Augenbewegungen in Betracht. Diese werden von der Polizei protokolliert und sodann nochmals bei der medizinischen Untersuchung berücksichtigt.
bb) Andere berauschende Substanzen
Ist die Ursache für den berauschten Zustand kein Alkohol sondern eine andere Substanz, kann allenfalls relative Fahruntüchtigkeit vorliegen. Es müssen also zu dem Rausch wiederum weitere Umstände hinzutreten, die die Annahme der Fahruntüchtigkeit rechtfertigen können. Als solche kommen hier eine extrem verlangsamte Reaktionsfähigkeit (BGH, 03.11.1998, Az. 4 StR 395/98), mangelnde Ansprechbarkeit oder Koordinationsprobleme in Betracht. Allgemeine Merkmale eines Drogenkonsums, wie etwa gerötete Augen oder eine leicht verwaschene Sprache, reichen hierbei jedoch nicht aus (OLG ZW, 14.02.2003, 1 Ss 117/02).
cc) Feststellung der Blutalkoholkonzentration
Die Feststellung der Blutalkoholkonzentration bei der Trunkenheit im Straßenverkehr erfolgt durch die Entnahme und anschließende Begutachtung einer Blutprobe. Sofern der Fahrer sich nicht freiwillig einer Blutentnahme unterzieht, muss diese durch einen Richter angeordnet werden (§ 81a StPO). Nur in den Fällen wo zu befürchten ist, dass der Untersuchungserfolg gefährdet wird und trotz Bemühungen ein Richter nicht erreichbar ist, darf die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungspersonen die Blutentnahme anordnen. Dabei hat der Täter jedoch keine Mitwirkungspflicht. Bei einer ordnungsgemäßen Anordnung muss von ihm der Eingriff nur geduldet werden (BGH, 09.04.1986, 3 StR 551/85).
d) Vorsatz und Fahrlässigkeit
Bei der Trunkenheit im Straßenverkehr muss unterschieden werden, ob der Täter von der Fahruntüchtigkeit Kenntnis hatte, er also vorsätzlich im berauschten Zustand gefahren ist, oder ob er seinen eigenen Zustand nicht mehr wahrgenommen hat und daher nur fahrlässig gehandelt hat. Dies ist bei der Bildung des Strafmaßes von Interesse. Von besonderer Relevanz ist diese Frage jedoch auch dann, wenn die Kosten des Verfahrens, also des Rechtsanwalts und des Gerichts, von einer Rechtsschutzversicherung übernommen werden. Diese übernimmt die Kosten nämlich nur dann, wenn die Tat der Trunkenheit im Straßenverkehr fahrlässig begangen worden ist.
Aus der Höhe der Blutalkoholkonzentration kann nicht ohne weiteres auf ein vorsätzliches Handeln geschlossen werden (OLG KA, 23.12.1998, Az. 3 Ss 209/98). Es ist daher immer notwendig, dass weitere Umstände hinzutreten, die die Annahme einer vorsätzlich begangenen Trunkenheit im Straßenverkehr rechtfertigen können. Ein solcher Umstand kann z.B. dann gegeben sein, wenn der Konsum der berauschenden Substanz während einer Fahrbereitschaft stattfand oder der Täter auffällig vorsichtig fährt oder für die Fahrt „Schleichwege“ nutzt.
2. Rechtsfolge der Trunkenheit im Straßenverkehr
Die Trunkenheit im Straßenverkehr wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet. Die Höhe der Freiheitsstrafe bzw. der Geldstrafe richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalles. Bei einem Ersttäter kann jedoch von einer Geldstrafe in Höhe von 25 bis 50 Tagessätzen ausgegangen werden. Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt sich nach den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten. So beträgt die Tagessatzhöhe bei einem Arbeitslosen in der Regel 10,00 EUR, während bei einem Angestellten je nach Verdienst die Tagessatzhöhe auch 50,00 EUR betragen kann.
Ist der Täter bereits mehrfach wegen Trunkenheit im Straßenverkehr auffällig geworden, kann auch die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Betracht kommen, die bei einer günstigen Sozialprognose auch auf Bewährung ausgesetzt werden kann.
Neben der Freiheitsstrafe bzw. Geldstrafe kommt auch eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht. Gem. § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist der Täter bei einer Trunkenheit im Straßenverkehr gem. § 316 StGB als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges anzusehen. In diesem Fall muss damit gerechnet werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der Beibringung einer positiven medizinisch-psychologischen Untersuchung abhängig macht.
3. Rechtfertigungsgründe der Trunkenheit im Straßenverkehr
Eine Trunkenheit im Straßenverkehr kann gerechtfertigt sein, wenn eine nicht anders abwendbare Gefahr für Leben oder Leib gegeben ist (§ 34 StGB), also z. B. wenn man einen Notarzt benötigt. Die Rechtsprechung geht jedoch in der Regel davon aus, dass anderweitig Hilfe, z.B. durch das Rufen eines Notarztes, erreicht werden kann, sodass eine Rechtfertigung in den überwiegenden Fällen ausscheiden dürfte. Dennoch kommt es immer auf den Einzelfall an. So ist es gerade in verlassenen Gegenden denkbar, dass die erwartete Hilfe zu spät kommt und dadurch die Trunkenheitsfahrt gerechtfertigt sein kann.