Die Frage, ob es möglich ist, mit einer im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis oder EU-Fahrerlaubnis in Deutschland zu fahren, stellt sich in unserer Beratungspraxis als Rechtsanwälte für Verkehrsrecht zumeist dann, wenn die MPU nicht bestanden wurde. Wir wollen deshalb hier grundsätzlich zu dieser Frage Stellung nehmen, wobei wir zunächst zwischen der Rechtslage bei ausländischen Führerscheinen und EU-Führerscheinen unterscheiden müssen. Ein Rechtsanwalt für Verkehrsrecht wird benötigt, wenn eine EU-Fahrerlaubnis von der Verwaltungsbehörde nicht anerkannt wird.
1. Ausländische Fahrerlaubnis
Eine ausländische Fahrerlaubnis wird in Deutschland nur dann anerkannt, wenn sie dem Inhaber erteilt wurde, als er in Deutschland keinen Wohnsitz hatte. Das ist der Fall, wenn mindestens ein 185-tägiger zusammenhängender Aufenthalt im Ausstellerland vorausgegangen ist.
Die Besonderheit ist aber hier – im Unterschied zu einer EU-Fahrerlaubnis – dass die Gültigkeit der Fahrerlaubnis auf 6 Monate nach Begründung eines inländischen Wohnsitzes befristet ist (§§ 28, 29 FeV) . Die ausländische Fahrerlaubnis muss also innerhalb von 6 Monaten nach Begründung des inländischen Wohnsitzes umgeschrieben werden. Erfolgt die Umschreibung nicht fristgemäß, verliert die Fahrerlaubnis ihre Gültigkeit.
2. EU-Fahrerlaubnis
Hier muss unterschieden werden, ob die Fahrerlaubnis in der EU während einer in Deutschland laufenden Sperrzeit, oder ob sie nach Ablauf der Sperrzeit erworben wurde.
a) Erwerb nach einer in Deutschland laufenden Sperrzeit oder Beschlagnahme
Deutschland muss grundsätzlich die Führerscheine anderer EU-Mitgliedstaaten im Verkehrsrecht ohne jede Formalität anerkennen. Es gilt aber auch hier das Wohnsitzerfordernis, d.h. der Erwerber muss seinen Wohnsitz wenigstens 185 Tage im Ausstellerstaat gehabt haben. Allerdings gilt seit 19.01.2009 die Richtlinie 2006/126EG, mit der der Führerscheintourismus bekämpft werden soll. Danach kann künftig die Anerkennung einer von einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten EU-Fahrerlaubnis versagt werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Inhaber die Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Wenn sich also z. B. ergibt, dass der Erwerber seinen ordentlichen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Ausstellung der EU-Fahrerlaubnis nicht im Ausstellerstaat hatte, führt das zur Nichtanerkennung.
Der Verlust der Fahrerlaubnis in Deutschland verhindert deshalb nicht generell die Erlangung einer EU-Fahrerlaubnis im EU-Ausland.
In einem Fall wurde ein Fahrer nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung von der Polizei kontrolliert. Es stellte sich heraus, dass diesem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Er besaß zum Tatzeitpunkt jedoch eine spanische Fahrerlaubnis. Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, dass die spanische Fahrerlaubnis nicht zum Führen des Pkw in Deutschland berechtigte. Er klagte ihn deswegen für das Fahren ohne Fahrerlaubnis an.
Dem widersprach das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Es bestätigte damit die Gültigkeit der spanischen Fahrerlaubnis in Deutschland. Die Auferlegung eines Fahrverbots in einem EU-Mitgliedsland verbiete es nicht, in einem anderen EU-Mitgliedsland eine Fahrerlaubnis zu erlangen. Dafür muss derjenige seinen ordentlichen Wohnsitz in dem betreffenden Land haben und es darf keine Sperrfrist Fahrerlaubnis vorliegen.
Es soll verhindert werden, dass eine Person nach Fahrerlaubnisverlust in einem EU-Mitgliedsland, in keinem anderen EU-Mitgliedsland mehr eine EU-Fahrerlaubnis erlangen kann (OLG Hm. 26.09.2012, Az. III-3 RVs 46/12).
b) Erwerb während einer Beschlagnahme oder laufender Sperrzeit
Hier hat der EuGH entschieden, dass ein Führerschein, der während einer in Deutschland laufenden Sperrzeit im EU-Ausland erworben wurde, auf Dauer die Anerkennung versagt werden darf (EuGH 26.06.2008 Az. C-329/06). Eine solche Fahrerlaubnis berechtigt auch nach Ablauf der Sperrzeit nicht zum Führen eines KFZ in Deutschland (BVerwG 25.08.2011 Az. 3 C 25/10).