Widerruf beim Druckkostenzuschussverlag

Widerruf beim Druckkostenzuschussverlag
Widerruf und Rücktritt beim Druckkostenzuschussverlag

Vor einem Druckkostenzuschussverlag wird oft gewarnt. Doch hat man einmal den Wunsch, sein eigenes Buch zu veröffentlichen, kann man als Hobbyautor auf der Suche nach einem Verlag schnell bei einem Druckkostenzuschussverlag landen. Wenn sich der Hobbyschriftsteller dann bewusst wird, dass sein gedrucktes und veröffentlichtes Buch kaum im Buchhandel erhältlich und damit auch kaum verkäuflich ist, wurde der Druckkostenzuschuss meist vollständig bezahlt. Nun lautet die Frage an den Rechtsanwalt, ob man den Druckkostenzuschuss zurückfordern kann, weil dem keine adäquate Leistung des Druckkostenzuschussverlages gegenüberstand. Das hier durchaus verschiedene Möglichkeiten bestehen, soll nachfolgend anhand eines Falles, der vom Landgericht Leipzig verhandelt wurde (LG Leipzig 23.07.21 Az. 05 O 2493/20) und in der Berufung vom OLG Dresden bestätigt wurde (OLG Dresden 13.01.22 Az. 14 U 1755/21) dargestellt werden.

1. Sachverhalt

Der Autor ist beruflich Angestellter im öffentlichen Dienst. Es war sein Wunsch, einmal in seinem Leben in seiner Freizeit ein Buch zu schreiben und es zu veröffentlichen. Auf der Suche nach einem Verlag unterzeichnete er bei einem Druckkostenzuschussverlag einen „Veröffentlichungs- und Verbreitungsverlagsvertrag“. In dem Vertrag verpflichtete sich der Autor, eine „Produktionsvergütung“ von 8.600,- EUR zu zahlen. Da der Autor das nicht auf einmal zahlen konnte, wurde auch eine Finanzierungsvereinbarung geschlossen, wonach es der Druckkostenzuschussverlag dem Autor gestattete, die Produktionsvergütung in zu verzinsenden Raten zu zahlen. Für die Produktionsvergütung war eine Erstauflage von 3.000 Büchern vereinbart. Es war auch vereinbart, das die Parteien als „Unternehmer“ handeln würden. Der Autor erhielt von dem Druckkostenzuschussverlag keine Tantiemen oder andere Gelder ausgezahlt und trotz mehrfacher Aufforderung auch keine Auskunft, ob und wieviel Bücher gedruckt oder verkauft wurden.

2. Druckkostenzuschussverlag

Bei einem typischen Verlagsvertrag übernimmt der Verleger die Vervielfältigung und Verbreitung auf eigene Rechnung.
Während ein Verleger verpflichtet ist, ein Werk auf eigene Rechnung zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 1 VerlG), lässt sich der Druckkostenzuschussverlag die Druckkosten bezahlen und trägt gerade nicht das wirtschaftliche Risiko des Verlegens und Verbreitens eines Buches.

Obwohl sich ein Druckkostenzuschussverlag, die Herstellungskosten z.B. in Form einer „Produktionsvergütung“ bezahlen lässt, wird das Werk aber auch nicht an den Autor ausgeliefert. Das ist bei einem Druckkostenzuschussverlag auch in den seltensten Fällen möglich, da von der Gesamtauflage zumeist nur ein Bruchteil gedruckt wird. Das Werk ist ohnehin ohne Werbemaßnahmen nahezu unverkäuflich, so dass es ausreichend ist, wenn der Druckkostenzuschussverlag nur eine geringe Anzahl des Werkes druckt. Da sich aber der Druckkostenzuschussverlag die Produktionskosten von dem Autor bezahlen lässt, hat er auch kein besonderes Interesse an einer Vermarktung des Werkes.
Als Druckkostenzuschussverlage handeln deshalb eine Vielzahl von Pseudoverlagen deren „vorrangiger Geschäftszweck in der Gewinnung von unbekannten Autoren liegt, um aus der unmittelbaren Geschäftsbeziehung mit diesen Geld zu verdienen“ (FG Rheinland-Pfalz 14.08.2013 Az. 2 K 1409/12). Allerdings muss ein Druckkostenzuschussverlag von einem Self-Publishing Verlag unterschieden werden.

3. Widerruf des Druckkostenzuschussvertrages

Der Druckkostenzuschussvertrag kann mit der Folge widerrufen werden, dass der Druckkostenzuschuss zurück zu gewähren ist, wenn es sich bei dem Autor um einen Verbraucher handelt (§ 13 BGB) und das Geschäft ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurde. Der Widerruf kann auch deshalb erfolgen, wenn es sich um ein verbundenes Finanzierungsgeschäft handelt.

a) Verbraucher

Zwar war hier in dem Druckkostenzuschussvertrag vereinbart, dass die Parteien als Unternehmer handeln. Ob aber eine Person als Unternehmer oder als Verbraucher zu beurteilen ist, unterliegt nicht der Vereinbarung der Parteien, sondern ist objektiv zu beurteilen (§ 13 BGB). Aus der negativen Formulierung des § 13 BGB wird deutlich, dass ein rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist. Verbleiben Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, ist zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden (BGH 30.09.2009 AZ VIII ZR 7/09).

aa) Keine gewerbliche Nebentätigkeit

Das Werk war das einzige Buch, was der Autor veröffentlich hat. Eine gewerbliche Nebentätigkeit hatte er nicht. Er verdiente seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus einem Arbeitsverhältnis. Eine Vergütung hatte er von dem Druckkostenzuschussverlag nicht erhalten. Der Autor finanzierte die Veröffentlichung des Buches ausschließlich aus privaten Neigungen.

bb) Gewinnerzielungsabsicht

Der Autor hätte auch von vornherein keinen Gewinn erwirtschaften können. Das Taschenbuch wurde zu 10,- EUR im Verkauf angeboten. Obwohl der Autor das Buch bereits finanziert hat, hätte er nach dem Vertrag von dem Druckkostenzuschussverlag lediglich eine Tantieme von 25%, also 2,50 EUR pro verkauftem Buch erhalten. Der Druckkostenzuschussverlag hätte deshalb über 3500 Bücher verkaufen müssen, wenn der Autor auch nur annähernd einen Gewinn machen soll. Die Auflagenhöhe betrug aber nur 3000 Stück, so dass für den Autor auch aus diesem Grund ein Gewinn ausgeschlossen war.

Eine Gewinnerzielungsabsicht ist deshalb bei nebenberuflicher Autorentätigkeit nicht gegeben. Es handelt sich hierbei nicht um eine unternehmerische Tätigkeit, weshalb Verluste eines Hobbyautoren nicht steuerlich absetzbar sind (FG Rheinland-Pfalz 14.08.2013 Az. 2 K 1409/12). Da demzufolge der Druckkostenzuschussvertrag weder der gewerblichen noch der selbstständigen beruflichen Tätigkeit des Autors zugerechnet werden kann, ist er Verbraucher und nicht Unternehmer (§ 13, 14 BGB).

cc) Unwirksamkeit der Vereinbarung der Unternehmereigenschaft

Der Druckkostenzuschussverlag kann sich auch nicht darauf berufen, der Autor sei als Unternehmer zu behandeln, weil das zwischen den Parteien vereinbart war. Bei der Vereinbarung im Druckkostenzuschussvertrag handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, welche der Inhaltskontrolle unterliegt (§ 307 Abs. 1 BGB). Danach sind Bestimmungen in AGB‘s unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dabei ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Durch die allgemeine Geschäftsbedingung wird dem Autor eine Stellung als Unternehmer zugewiesen, wodurch er gerade die zu seinem Schutz als Verbraucher begründeten Rechte verliert. Dies ist eine erhebliche Benachteiligung, die zur Unwirksamkeit der Regelung führt (LG Leipzig 23.07.21 Az. 05 O 2493/20).

b) Fernabsatzvertrag

Der Druckkostenzuschussvertrag kann auch widerrufen werden, wenn der Druckkostenzuschussverlag ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem hat und der Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde (§ 312c BGB).

aa) Verwendung von Fernkommunikationsmitteln

Das war der Fall, weil der Autor sein Manuskript als USB-Stick an den Druckkostenzuschussverlag schickte. Der Druckkostenzuschussverlag schickte dem Autor einen Vertrag, den er unterzeichnete und per Post zurücksandte
Damit ist der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen worden.

bb) Für Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem

Der Druckkostenzuschussverlag hat auch ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem.
Hierzu ist es ausreichend, wenn der Unternehmer planmäßig mit dem Angebot der Bestellung per Fernkommunikationsmitteln und der Lieferung der Ware wirbt und er seinen Betrieb so organisiert, dass Verträge regelmäßig im Fernabsatz abgeschlossen und abgewickelt werden können.
Der Internetauftritt des Druckkostenzuschussverlages zeigte, dass dieser sein Geschäft so organisiert hatte, dass Verträge regelmäßig im Fernabsatz abgeschlossen werden können. Hierzu fordert der Druckkostenzuschussverlag im Internet unter der Überschrift „Buch-veröffentlichen“ dazu auf, man solle ein „Manuskript einreichen“. Der Autor solle, den ersten Schritt zur Buchveröffentlichung tun: „Senden Sie uns Ihr Manuskript“.
Damit wirbt der Druckkostenzuschussverlag planmäßig mit dem Angebot der Bestellung per Fernkommunikationsmitteln. Er hat sich so organisiert, dass die Verträge im Fernabsatz abgeschlossen werden können.

c) Verbundener Finanzierungsvertrag

Der Druckkostenzuschussvertrag wurde zusammen mit einem Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) abgeschlossen. Es handelt sich demzufolge um ein verbundenes Geschäft. Die Verträge wurden auch nicht in den Geschäftsräumen der Klägerin abgeschlossen (§ 358 BGB).
Ein verbundener Finanzierungsvertrag liegt vor, wenn ein Verbrauchervertrag über die Erbringung einer Dienstleistung derart mit einem Finanzierungsvertrag verbunden wird, dass beide eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Druckkostenzuschussverlag selbst die Gegenleistung des Autors finanziert (§ 358 Abs. 3 BGB). Das ist hier der Fall. Der Autor bezahlte die Herstellung des Werkes mit einem zu verzinsendem Ratenzahlungskredit. Der Kredit wurde wiederum durch den Druckkostenzuschussverlag eingeräumt.

d) Widerruf

Dem Verbraucher steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, Fernabsatzverträgen und verbundenen Finanzierungsgeschäften ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu (§ 312g BGB).
aa) Bei solchen Verträgen hat zwingend eine Widerrufsbelehrung zu erfolgen. Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt ist. Im hier vorliegenden Fall wurde der Autor nicht über sein Widerrufsrecht belehrt.
bb) Das Widerrufsrecht erlischt allerdings zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 Abs. 3 BGB). Dies gilt wiederum nicht für Verträge über Finanzdienstleistungen und hiermit verbundene Verträge. In diesem Fall kann das Widerrufsrecht bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung nicht erlöschen. Das Widerrufsrecht war deshalb hier auch nicht gem. § 356 Abs. 4 BGB erloschen, da der Autor nicht bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht verliert und es sich auch um ein verbundenes Finanzierungsgeschäft gehandelt hat.
cc) Da der Autor den Druckkostenzuschussvertrag fristgemäß widerrufen hat, sind die empfangenen Leistungen somit spätestens 30 Tage nach Abgabe der Widerrufserklärung zurück zu gewähren (§ 357a Abs. 1 BGB). Der Druckkostenzuschussverlang hat deshalb die „Produktionsvergütung“ zurückzuzahlen (LG Leipzig 23.07.21 Az. 05 O 2493/20).

4. Rücktritt vom Vertrag nach dem Verlagsgesetz

Der Druckkostenzuschussverlag konnte nicht nachweisen, dass er seinerseits den Vertrag erfüllt habe. Der Druckkostenzuschussverlag wandte ein, er sei nur dazu verpflichtet gewesen, eine Erstauflage von 3.000 Stück druckbereit zu halten, nicht aber diese herzustellen.
Hierzu hatten die Parteien im Druckkostenzuschussvertrag vereinbart: „Das Buch erscheint als … Taschenbuch … Erstauflage: 3000 St.“. Weiter war vereinbart, dass der Druckkostenzuschussverlag „die Erstauflage jederzeit druckbar bereit zu halten“ hat.
Unter diesen Voraussetzungen war der Autor auch zum Rücktritt vom Druckkostenzuschussvertrag berechtigt, da das Werk nicht vertragsgemäß vervielfältigt und verbreitet wurde (§ 30, 32 VerlG).

a) Vervielfältigung Erstauflage 3000 Exemplare

Die vom Verleger geschuldete Form der Vervielfältigung richtet sich in erster Linie nach der Vereinbarung der Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1987 – I ZR 114/85). Dabei können auch neuartige Druck- oder Lagerverfahren, wie das „Print-to-Stock-Verfahren“ vereinbart werden, wenn das ausdrücklich im Vertrag erfolgt. Stellt der Verlag die vereinbarte Erstauflage nicht her, wird das Werk nicht vertragsgemäß vervielfältigt.

Die Vereinbarung, dass das Werk jederzeit druckbereit zu halten sei, stellt nicht lediglich eine „Print-on-demand-Vereinbarung“ dar, da eine solche ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden muss. Von einer sukzessiven oder bedarfsgerechten Vervielfältigung ist jedoch in dem Vertrag keine Rede (OLG Dresden 13.01.22 Az. 14 U 1755/21).

Die Angabe „Erstauflage 3000 St.“ kann deshalb nur dahingehend verstanden werden, dass der Druckkostenzuschussverlag das Buchwerk herzustellen und zu vervielfältigen hatte. Wenn die Vervielfältigung – wie hier – in „verlagsüblicher Weise“ erfolgen soll, hat der Druckkostenzuschussverlag sofort nach Erhalt des Manuskripts mit der Vervielfältigung zu beginnen und die Auflagenhöhe von 3000 Stück herzustellen. Für eine solche Auslegung sprechen hier auch die Höhe und die Bezeichnung der für einen Verlagsvertrag untypischen Vergütung als Produktionsvergütung. Eine derart hohe Vergütung für die Produktion ist aber nur zu zahlen, wenn sie auch tatsächlich erfolgt (OLG Dresden 13.01.22 Az. 14 U 1755/21).

b) Fristsetzung und Rücktritt

Der Autor hat eine Frist für den Nachweis der Vervielfältigung gesetzt, die fruchtlos verstrich und anschließend den Rücktritt vom Verlagsvertrag erklärt. Im Übrigen war hier auch eine Fristsetzung entbehrlich, denn in dem Einwand des Druckkostenzuschussverlages, er habe keine Pflicht zur Vervielfältigung, liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung. Es ist auch nicht feststellbar, dass der Verlag die Erstauflage von 3000 Stück auch nur teilweise erbracht hat (OLG Dresden 13.01.22 Az. 14 U 1755/21).
Infolge des Rücktritts ist die vom Autor bereits geleistete Produktionsvergütung von dem Druckkostenzuschussverlag zurückzuzahlen (§ 346 Abs. 1 BGB).