Das Rauchen von Zigaretten wird nicht nur im Mietrecht immer weniger gesellschaftlich akzeptiert. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Mieter und Vermieter immer öfter von einem Rechtsanwalt beraten lassen, welche Rechte gegen starke Zigarettenraucher im Mietrecht bestehen. Diese Rechte gegen Rauchen im Mietverhältnis, die wir hier als Rechtsanwälte für Mietrecht darstellen wollen, wurden von der Rechtsprechung in letzter Zeit ausgeweitet.
1. Schadenersatz gegen Raucher im Mietrecht
Das Rauchen von Zigaretten gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (BGH 28.06.2006 Az. VIII ZR 124/05). Starkes Rauchen in der Mietwohnung kann aber vertragswidrig sein und Schadenersatzpflichten des Mieters begründen.
Das ist aber nur dann der Fall, wenn Schäden entstehen, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen lassen. Es müssen also Instandsetzungsarbeiten notwendig werden, die über bloße Schönheitsreparaturen hinausgehen (BGH 05.03.08, Az. VIII ZR 37/07). Nun wird es aber bei den Ablagerungen, die durch das Rauchen entstehen recht selten sein, dass diese nicht durch das Tapezieren der Wände und Streichen von Fenstern, Türen und Heizkörpern zu beseitigen wären. Auch stärkere Nikotinablagerungen sind daher vom Vermieter hinzunehmen und begründen keinen Anspruch auf Schadenersatz durch den Mieter (LG Hbg. 26.04.2001 Az. 333 S 156/00). Sind jedoch derart starke Nikotinablagerungen vorhanden, dass sie einer Beschädigung der Mietsache gleichkommen, kann ein Schadenersatzanspruch begründet sein.
Führt das exzessive Rauchen im Mietverhältnis also z.B. zu Verfärbungen von Holzpaneelen und von Silikonfugen, gehört das nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung. Solche Schäden sind nicht mehr durch Schönheitsreparaturen zu beseitigen. Dem Vermieter steht deshalb in diesem Fall ein Schadensersatzanspruch zu (LG Kob. 27.10.2005 Az. 14 S 76/05).
Lässt sich ein Teppichboden der eine Nutzungsdauer von 10 Jahren hat, nicht mehr reinigen und muss wegen starker Verunreinigungen durch Zigarettenrauch und Nikotin schon nach zwei Jahren ausgetauscht werden, führt das ebenso zur Schadenersatzpflicht des Mieters (AG Magdeburg 19.04.2000 Az. 17 C 3320/99).
2. Mietminderung, Mängelbeseitigungsanspruch und Zurückbehaltungsrecht bei Rauchen im Mietverhältnis
Beeinträchtigungen durch starkes Rauchen im Mietverhältnis sind ein Mangel, der die Gebrauchstauglichkeit der Mietwohnung mindert. Dem Mieter steht dann das Recht auf Mietminderung, Mängelbeseitigung und ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Beseitigung des Mangels zur Seite.
a) Mängelbeseitigungsanspruch
Der Mieter hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf Mängelbeseitigung in Form von Abdichtungsmaßnahmen, wenn aus der Nachbarwohnung Zigarettenrauch des stark rauchenden Nachbarn durch Decke und Wände in die Wohnung eindringt (AG Charlottenburg 17.03.2008 Az. 211 C 3/07). Die Beseitigung eines solchen Mangels ist nicht unmöglich. Die Art und Weise der Behebung des Mangels liegt in der Entscheidungsgewalt des Vermieters (LG Bln. 07.10.2008 Az. 65 S 124/08).
b) Zurückbehaltungsrecht
Rauchen die Nachbarn der darunter liegenden Wohnung in erheblichem Maße auf ihrem Balkon und zieht dieser Rauch in die Wohnung eines Mieters, so dass dieser nicht lüften kann, dann steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht zu.
Das Zurückbehaltungsrecht wegen der Beeinträchtigung durch Rauchen im Mietverhältnis besteht so lange, bis der Vermieter den Mangel beseitigt (§ 320 BGB). Der Umfang des Zurückbehaltungsrechtes bestimmt sich nach dem dreifachen Betrag der Minderungsquote (LG Bln 30.04.2013 Az. 67 S 307/12).
c) Mietminderung
Ein Mieter ist zur Mietminderung berechtigt sein, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung durch rauchende Nachbarn beeinträchtigt ist. Das ist der Fall, wenn diese regelmäßig und über den ganzen Tag verteilt, rauchen. Dieser Rauch gelangte in die überliegende Wohnung der Mieter. Es war für die Mieter auch nicht möglich, Zeiten zum Lüften abzupassen, um den Rauch aus der Wohnung zu bekommen, da so regelmäßig geraucht wurde. Bei im Schnitt 20 Zigaretten am Tag ist deshalb eine Mietminderung um 5% angemessen (LG Hbg. 15.06.2012 Az. 311 S 92/10).
Kann der Mieter Nachts nicht das Fenster öffnen, weil dann seine Nachtruhe durch hereinziehenden Zigarettenrauch beeinträchtigt ist, rechtfertigt die Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung ebenfalls eine Mietminderung von 3% (LG Bln. 10.08.2017 Az. 65 S 362/16).
Dringt kalter Zigarettenrauch von der unteren Wohnung in die obere Wohnung ein, liegt ein Mangel der Mietsache vor. Wenn der erhebliche Zigarettenrauch über die bauliche Konstruktion in die Mietwohnung eindringt, ist eine Mietminderung von 10% gerechtfertigt (LG Bln. 07.10.2008 Az. 65 S 124/08). Rauchen Nachbarn auf dem Balkon und zieht der Zigarettenrauch in die Wohnung eines Mieters, so dass er nicht lüften kann, ist eine Mietminderung von 10% angemessen (LG Bln 30.04.2013 Az. 67 S 307/12).
3. Unterlassungsanspruch gegen Raucher
Das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme im Mietrecht kann dazu führen, dass dem Vermieter und den Mietern ein Unterlassungsanspruch gegen Zigarettenraucher zusteht. Ein solcher Unterlassungsanspruch besteht nach § 862 Abs. 1 S. 2 BGB.
Grundsätzlich stehen einem Mieter gegenüber einem anderen Mieter Unterlassungsansprüche, z. B. bei Lärm, Gerüchen, Ruß und eben auch bei Tabakrauch zu. Diese Beeinträchtigung muss aber als so störend empfunden werden, dass sie über das normale Maß hinausgeht. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die Beeinträchtigung gesundheitsschädlich ist, oder ein friedliches Wohnen in der eigenen Wohnung vehement gestört ist. Tabakrauch ist grundsätzlich eine gesundheitsschädliche Immission. Der Mieter oder sein Anwalt, der unter Berufung auf die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens die Unterlassung des Rauchens verlangt, muss beweisen, dass auch beim Rauchen im Freien Gesundheitsgefahren bestehen (BGH 16.01.2015 Az. V ZR 110/14).
Mietern kann deshalb ein Unterlassungsanspruch im Mietrecht zustehen, wenn sie durch Zigarettenrauch der Raucher auf einem Balkon betroffen sind, welcher sich unter ihrer eigenen Wohnung befindet.
Wird das Treppenhaus aufgesucht, um es bestimmungswidrig für das Rauchen von Zigaretten zu nutzen, kann ein Mieter ebenfalls Unterlassung der zweckwidrigen Nutzung verlangen (AG Hann. 31.01.2000 Az. 70 II 414/99).
4. Kündigung wegen Zigarettengeruch im Treppenhaus
Nur ausnahmsweise kann ein schwerwiegender schuldhafter Pflichtverstoß des Mieters angenommen werden, der zur Kündigung des Mietverhältnisses wegen Rauchens berechtigt (§ 543 Abs. 1 BGB).
Das kann der Fall sein, wenn der Mieter in seiner Wohnung in erheblichem Maß Zigaretten raucht, nicht ausreichend lüftet und die Aschenbecher im Flur nicht entleert. Hinzukommen muss, dass der Mieter auch keine Maßnahmen dafür trifft, dass der Zigarettengeruch nicht in ganz erheblichem Umfang durch das Treppenhaus zieht (LG D.-dorf 26.06.2014 Az. 21 S 240/13 U).
Innerhalb eines Mehrfamilienhauses mit mehreren Mietern ist immer Rücksicht geboten. Wird diese Rücksicht im Mietrecht in einem hohen Maße verletzt, so steht einer Kündigung des Mieters nichts entgegen. Rauchen im Mietverhältnis kann deshalb nach einer Abmahnung eine ordentliche Kündigung nach sich ziehen, wenn erheblich gegen ein individualvertraglich vereinbartes Rauchverbot verstoßen wird (AG Rastatt 26.04.2005 Az. 3 C 341/04).
Aber die konkreten Beeinträchtigungen müssen im Mietrecht vollumfänglich geprüft und die Beeinträchtigungen durch den Vermieter bzw. seinem Rechtsanwalt nachgewiesen werden. Leichter Zigarettengeruch ist von den anderen Mietern zu dulden. Jedoch darf die Beeinträchtigung nicht ein so hohes Maß erlangen, dass sie z. B. eine Gesundheitsgefahr für andere Mieter darstellt. Eine durch die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht verursachte Geruchsbelästigung der Mitmieter stellt eine Störung des Hausfriedens im Mietrecht dar, wenn die Intensität der Beinträchtigung ein unerträgliches oder gesundheitsgefährliches Ausmaß erreicht (BGH 18.02.2015 Az. VIII ZR 186/14).
5. Rauchverbot im Mietvertrag
Das Rauchen in der Wohnung gehört grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch im Mietrecht (BGH 28.06.2006 Az. VIII ZR 124/05). Eine formularmäßige Vereinbarung im Mietvertrag, wonach das Rauchen von Zigaretten in der Wohnung nicht gestattet ist, verstößt somit gegen § 307 BGB. Die Klausel wäre dann unwirksam.
Es gehört allerdings nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch, in allgemein genutzten Teilen des Hauses, wie Waschküche, Treppenhaus oder Keller, zu rauchen. Der Vermieter kann im Interesse der Mitmieter verpflichtet sein, das Rauchen dort zu untersagen.
Auch individualvertraglich kann das Rauchen im Mietverhältnis durch eine entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag untersagt werden (AG Rastatt 26.04.2005 Az. 3 C 341/04).