Starke Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs durch Geruchsbelästigung können im Mietrecht einen Mangel der Mietsache darstellen. Der Mieter kann in diesem Fall selbst oder durch einen Rechtsanwalt, einen Anspruch auf Unterlassung oder Beseitigung des Mangels geltend machen und auch das Recht auf Kündigung des Mietverhältnisses ist nicht ausgeschlossen. Das am häufigsten ausgeübte Recht bei einer Geruchsbelästigung ist aber das Recht auf Mietminderung, auf das wir im Folgenden eingehen wollen.
1. Gerüche als Mangel der Mietsache
Grundsätzlich ist ein Mangel der Mietsache zu bejahen, wenn Umstände vorliegen, welche den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache negativ beeinträchtigen, § 536 Abs. 1 BGB. Auch Gerüche können eine solche Beeinträchtigung hervorrufen.
a) Mangel durch Geruchsbelästigung
Zunächst ist durch den Rechtsanwalt zu ermitteln, ob ein Geruch als störend und unzumutbar anzusehen ist. Bei dieser Beurteilung kommt es im Mietrecht auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen an (BGH 05.02.1993 Az. V ZR 62/91). Rein subjektive Empfindungen des Mieters genügen daher nicht. Ist der Mieter sehr geruchsempfindlich, muss dies bei der Beurteilung einer unzumutbaren Geruchsbelästigung daher unberücksichtigt bleiben.
Kriterien für die Beurteilung von Gerüchen können dabei unter anderem Ort, Zeit, Häufigkeit und Dauer des Auftretens von Gerüchen sein, aber auch die Intensität, das soziale Umfeld und die Akzeptanzbereitschaft des vom Geruch Betroffenen.
Können durch die Gerüche Übelkeit, Brechreiz oder Kopfschmerzen ausgelöst werden oder macht die Geruchsbelästigung das Lüften der Wohnräume ganztags unmöglich oder führt sie dazu, dass sich der Mieter in einem zur Mietsache gehörenden Garten nicht oder nur selten aufhalten kann, spricht dies für eine Unzumutbarkeit der Geruchseinwirkung auf die Mietsache (BGH 29.03.1984 Az. III ZR 11/83).
b) Hinzunehmende Geruchsbelästigungen
Aber auch wenn eine grundsätzlich unzumutbare Geruchsbelästigung zu bejahen ist, kann sie unter Umständen vom Mieter hinzunehmen sein. Eine Mietminderung ist dann nicht möglich. Es kann deshalb durchaus angebracht sein, die Beratung durch einen Rechtsanwalt zu der Frage in Anspruch zu nehmen, ob die Geruchsbelästigung einen Mangel darstellt und in welcher Höhe eine Mietminderung möglich ist.
aa) Geruchsbelästigung als Soll-Beschaffenheit der Mietsache
So darf sich der Mieter im Mietrecht nicht auf eine Geruchsbelästigung und Mietminderung berufen, wenn ihm diese oder die sie begründenden Umstände beim Abschluss des Mietvertrages bereits bekannt waren und bei der Festlegung des Mietzinses bereits berücksichtigt wurden. Gleiches gilt, wenn die Umstände zwar noch nicht bei Vertragsschluss, wohl aber bei der Ausübung einer Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses vorlagen (OLG HRO 12.03.2007 Az. 3 U 67/06).
Sieht der Mieter bei Vertragsabschluss z. B., dass sich im Mietobjekt selbst oder in unmittelbarer Nachbarschaft ein Restaurant befindet, muss er damit rechnen, dass von diesem Gerüche ausgehen. Sind diese als der Sache nach üblich anzusehen, muss er sie hinnehmen und kann keinen Mangel oder eine Mietminderung geltend machen, da er den Mietvertrag in Kenntnis dieser Umstände abgeschlossen hat.
Etwas anderes kann wiederum da gelten, wo der Mieter zwar in Kenntnis der in der Nachbarschaft liegenden Kläranlage den Mietvertrag abschloss, ihm aber zeitgleich vom Vermieter gesagt wurde, dass frühere Geruchsbelästigungen nicht mehr oder zumindest eher selten auftreten. Kommt es dann zu tatsächlich erheblichen und unzumutbaren Geruchsbelästigungen, liegt ein Mangel der Mietsache, der zur Mietminderung berechtigt, vor.
bb) Sozialadäquate Geruchsbeeinträchtigung
Im Zusammenhang mit Gerüchen muss stets auch die Sozialadäquanz im Blick behalten werden. So sind beispielsweise Kochgerüche in einem Mehrfamilienhaus als typische Folgen der Wohnnutzung im Mietrecht hinzunehmen. Auch die Verwendung bestimmter Gewürze, welche vom Mieter selbst als unangenehm empfunden werden, ist zu tolerieren. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gerüche durchgängig zu einer erheblichen Belastung führen und auch über das Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen hinausgehen. Auch muss der Mieter in einem Mehrfamilienhaus leichte Geruchsbelästigungen von älteren Hausbewohnern hinnehmen (LG Siegen 10.01.2006 Az. 1 S 117/05).
2. Mängelanzeige bei Geruchsbeeinträchtigung
Die Mietminderung aufgrund eines Mangels setzt voraus, dass der Mieter den Mangel unverzüglich dem Vermieter anzeigt, damit dieser den Mangel, wenn möglich, schnellstmöglich beseitigen kann. Unterlässt der Mieter die Anzeige des Mangels und kann der Vermieter daher dem Mangel nicht abhelfen, kann sich der Mieter gem. § 536c Abs. 2 S. 2 BGB nicht auf eine Mietminderung wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache berufen.
Trägt der Vermieter vor, der Mangel wurde vom Mieter nicht angezeigt, muss der Mieter oder Rechtsanwalt darlegen und beweisen, dass er seiner Anzeigepflicht nachgekommen ist (BGH 05.12.2012 Az. VIII ZR 74/12).
3. Recht auf Mietminderung bei Geruchsbelästigung
Können die vom Mieter vorgetragenen Gerüche tatsächlich einen Mangel der Mietsache begründen, tritt eine Mietminderung von Gesetzes wegen ein. Neben der zu tätigenden Mängelanzeige muss der Mieter daher von sich aus keine weiteren Schritte einleiten.
4. Höhe der Mietminderung bei Geruchsbeeinträchtigungen
Bei der Beurteilung durch einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Mietrecht, in welcher Höhe eine Mietminderung angemessen angesehen ist, kommt es auf eine Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls an. Maßgeblich kann dabei unter anderem sein, wie lange der Mietgebrauch beeinträchtigt wurde oder welche Ursache und Intensität die Gerüche haben.
Aufgrund der Einzelfallbezogenheit können die nachfolgenden Entscheidungen aus der Rechtsprechung nur als grobe Orientierung für die Beurteilung der Angemessenheit der Höhe der Mietminderung dienen.
a) Gerüche aus dem Mietshaus selbst
aa) Gerüche durch Abfall
Stellt ein Vermieter nicht genügend Mülltonnen zur Verfügung und kommt es daher zur Verwahrlosung des Müllplatzes und damit einhergehenden Geruchsbelästigungen, ist eine Mietminderung von 5 % angemessen (AG Lichtenberg 16.03.2004 Az. 6 C 239/03).
bb) Gerüche durch Tierhaltung
Ist ein Mieter in seiner Wohnung wegen unsachgemäßer Haustierhaltung durch seine Nachbarn erheblichen Geruchsbelästigungen, insbesondere auch Hundekotgerüchen im Treppenhaus ausgesetzt, rechtfertigt dies im Mietrecht eine Mietminderung von 20 % (AG MS 22.06.1995, Az. 8 C 749/94).
cc) Gerüche durch Zigarettenrauch
Essens- und insbesondere Zigarettengerüche aus der Nachbarwohnung, welche aufgrund der Bauweise des Gebäudes ungehindert in die Wohnräume des Mieters gelangen und dort unzumutbare Beeinträchtigungen darstellen, lassen eine Mietminderung von 20 % zu (LG Stgt. 27.05.1998 Az. 5 S 421/97).
Rauchen Nachbarn auf ihrem Balkon und verfängt sich aufsteigender Rauch in der Dachgaube des Mietshauses, so dass der Rauch bei geöffnetem Fenster in die Wohnung des (nicht rauchenden) Mieters dringt, ist eine Mietminderung von 5 % gerechtfertigt (LG Hbg. 15.06.2012 Az. 311 S 92/10).
dd) sonstige Gerüche
Gerüche, welche von älteren, mitunter kranken und pflegebedürftigen Nachbarn ausgehen, müssen grundsätzlich toleriert werden. Anders beurteilt sich dies aber, wenn es nicht nur zu einer leichten Geruchsbelästigung kommt, sondern zu einer stärkeren Beeinträchtigung. In diesem Fall ist eine Mietminderung von 10 % angemessen (LG Bln. 28.01.2011 Az. 65 S 296/10). Einer darüber hinausgehenden Mietminderung wird wohl aber auch hier die besondere Akzeptanz gegenüber älteren und schwächeren Nachbarn entgegenstehen.
Kommt es beim Befüllen der Tankanlage eines Wohnhauses zum Austritt von Heizöl und werden dadurch in der Wohnung des Mieters unzumutbare Gerüche wahrgenommen, rechtfertigt dies im Mietrecht eine Mietminderung von 17 % (LG Aubg. 01.03.2006 Az. 7 S 4877/05).
b) Umgebungsgerüche
aa) Speisegerüche durch Restaurant
Gehen von einer im Nachbarhaus gelegenen Bäckerei unangenehme Gerüche aus, welche durch den Lüftungsschacht in der Wohnung des Mieters verbreitet werden, ist eine Mietminderung von 15 % als angemessen anzusehen.
bb) Abfallgeruch durch Supermarkt
Ein von den Mülltonnen eines in der Nachbarschaft gelegenen Supermarktes ausgehender Abfallgeruch, welcher deutlich in der Mietwohnung wahrnehmbar ist, rechtfertigt eine Mietminderung von 5 % (AG Gifhorn, 07.03.2001 Az. 33 C 426/00 (VII), 33 C 426/00).
cc) Ausgasungsgerüche bei einer U-Bahn
Geruchsbelästigungen, welche durch die Ausgasung von Bahnschwellen an einer U-Bahn-Station in die umliegenden Wohnungen dringen, rechtfertigen eine Mietminderung zu Gunsten der betroffenen Bewohner. Aufgrund der gesteigerten Lüftung und Gartennutzung im Frühjahr/Sommer sei in den Monaten April bis September eine Mietminderung um 25 %, in den Monaten Oktober bis März eine Mietminderung um 15 % angemessen (AG Mü. 27.04.2009, Az. 424 C 10521/08).
5. Darlegungs- und Beweislast
Behauptet der Mieter, seine Mietwohnung weise einen Mangel auf, hat er bzw. sein Rechtsanwalt dies im Mietprozess darzulegen und zu beweisen. Eine Möglichkeit einen Mangel wegen unzumutbarer Geruchsbelästigung im Mietrecht nachzuweisen, stellt die Durchführung eines Ortstermins dar, bei welchem sich der zuständige Richter einen eigenen Eindruck von der Situation machen kann. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Geruchsbelästigung nach wie vor andauert. Geht es dagegen um Geruchsbelästigungen aus der Vergangenheit bzw. um solche, die nur unregelmäßig auftreten, muss der Mieter Auskunft darüber geben können, um welche Art und Intensität von Gerüchen es sich gehandelt hat und in welcher Häufigkeit, zu welcher Tageszeit und in welcher Dauer sie aufgetreten sind (BGH 29.02.2012 Az. VIII ZR 155/11).
Für einen Mieter der gegenwärtig mit Geruchsbelästigungen in Berührung kommt, bietet es sich daher an, rein vorsorglich seine Wahrnehmungen niederzuschreiben um in einem möglichen späteren Prozess dem Gericht detaillierte Auskünfte vorlegen zu können.