Im Mietrecht kann eine einseitige Mieterhöhung auf der Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) geltend gemacht werden. Diese Form der Mieterhöhung ist die häufigste, bei der ein Rechtsanwalt für Mietrecht in Anspruch genommen wird. Welche gesetzlichen Vorgaben vom Vermieter zu beachten sind und auf was der Mieter achten sollte, wollen wir als Rechtsanwälte für Mietrecht hier erläutern.
1. Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten 4 Jahren vereinbart wurden (§ 558 Abs. 2 BGB). Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist auf den Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens abzustellen.
a) Übliches Entgelt
Nicht jede Miete, die für vergleichbare Wohnungen gezahlt wird, ist auch „üblich“. Gerade dann, wenn die Spanne der vorgefundenen Mieten sehr groß ist, hat eine Eingrenzung auf das relevante Mittelfeld der Vergleichsmieten stattzufinden (BGH 29.02.2012 Az. VIII ZR 346/10).
Hat der Mieter Leistungen erbracht, die den Wohnwert erhöhen, dürfen diese bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht berücksichtigt werden (BGH 07.07.2010 Az. VIII ZR 315/09).
b) Wohnwertmerkmale
Vereinbarungen über bestimmte Wohnwertmerkmale im Mietvertrag sind unwirksam, da es sich hier um eine verdeckte Mieterhöhung handelt. Bei der Gewichtung der Wohnwertmerkmale kommt den Merkmalen, die sich auf das Leben in der Wohnung (Ausstattung) beziehen, i.d.R. die größte Bedeutung zu.
aa) Wohnungsgröße
Ist die Wohnung tatsächlich kleiner oder größer, als im Mietvertrag angegeben, dann gilt bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht die vereinbarte, sondern die tatsächliche Wohnungsgröße. Bei einer Mieterhöhung kommt es allein darauf an, wie die tatsächliche objektive Wohnungsgröße bemessen ist. In § 558 Abs. 2 BGB ist die Wohnfläche als Wohnwertmerkmal definiert. Wohnwertmerkmale können aber nur objektiv feststellbare Tatsachen sein und nicht dem Willen der Parteien unterliegende Vereinbarungen (BGH 18.11.2015 Az. VIII ZR 266/14).
Bei Mieterhöhungen gilt also nicht, daß erst eine Abweichung der Wohnfläche von mehr als 10 Prozent wesentlich wäre und einen Sachmangel darstellt, der zur Mietminderung berechtigt (BGH 24.03.2004 Az. VIII 295/03). Hier kommt es allein auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. Unrichtige Angaben zur Wohnungsgröße führen nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens.
Die Wohnfläche ist im Wohnraummietrecht nach der WoFlV zu ermitteln (BGH 23.05.2007 Az. VIII ZR 138/06). Wohnwertmindernde Merkmale können dazu führen, dass die Wohnfläche nicht oder nur teilweise berücksichtigt wird, wie bei einem Balkon an einer verkehrsreichen Straßenkreuzung.
bb) Ausstattung
Zur Ausstattung zählt alles, was der Vermieter dem Mieter zur Verfügung stellt, ohne dass der Mieter hierfür eine gesonderte Vergütung zahlt (z.B. Heizung, Einbauküche, Keller, Trockenraum). Das Wohnwertmerkmal der Sammelheizung setzt nicht voraus, dass in jedem Raum ein Heizkörper installiert ist. Eine Nachtspeicherheizung ist einer Sammelheizung gleich zu setzen.
Hat der Mieter die Mietwohnung mit Einrichtungen versehen, die den Wohnwert erhöhen, sind diese nicht bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen. Das gilt auch bei einem Vermieterwechsel oder wenn der Mieter die Einbauten durch eine Abstandszahlung vom Vormieter übernimmt. Der Vermieter kann aber die Einbauten durch Vereinbarung übernehmen, wenn er sich zur Instandhaltung verpflichtet und der Mieter diese bei Vertragsende nicht rückbauen muss (LG Bln. 03.09.2002 Az. 64 S 108/02).
Behebbare Mängel sind nicht wohnwertmindernd zu berücksichtigen, wenn hierfür Erfüllungsansprüche in Betracht kommen.
cc) Art und Beschaffenheit
Die Art bezieht sich auf die Struktur des Hauses und der Wohnung. Bei den Wohnwertmerkmalen der Beschaffenheit werden die Bauweise, Zuschnitt und der bauliche und energetische Zustand der Wohnung berücksichtigt. Um Art und Struktur zu berücksichtigen, wird das Gebäude üblicherweise in Baualterklassen eingeordnet.
Ein allgemein schlechter Instandhaltungszustand des Gebäudes ist wohnwertmindernd zu berücksichtigen. Ein unzureichender Schallschutz ist nur dann wohnwertmindernd zu berücksichtigen, wenn das nicht schon dem Standard der Baualtersklasse entspricht.
dd) Lage
Das Wohnwertmerkmal der Lage bezieht sich auf das Wohngebiet. Wohnwertbestimmend ist, ob es sich um eine Randlage oder Zentrallage des Wohnhauses in der Stadt handelt. Ebenso, ob es sich um ein Wohn- oder Gewerbegebiet handelt. Ferner sind die Infrastruktur (Kultur, Einkauf, Schulen), Verkehrsanbindung und Grün- und Erholungsflächen erheblich.
c) Mietzuschläge
Trägt der Vermieter, entgegen der üblichen Regelung, selbst die Kosten der Schönheitsreparaturen, kann er einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete machen (OLG F.a.M. 21.03.2001 – 20 RE-Miet 2/99). Das ist aber nicht möglich, wenn die Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist (BGH 09.07.2008 Az. VIII ZR 83/07).
Wurde in einem Mietvertrag auch eine Garage mitvermietet, kann die Miete für die Wohnung und die Garage in einem einheitlichen Mieterhöhungsverlangen auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöht werden (AG Kn. 04.12.2003 Az. 210 C 397/03). Es ist die ortsübliche Vergleichsmiete für das gesamte Objekt (Wohnung mit Garage) abzustellen.
2. Mieterhöhungserklärung
Das Mieterhöhungsverlangen ist ein Vertragsangebot auf Zustimmung zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Es gelten jedoch die Regeln für einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen.
a) Formelle Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung
Für die Form der Mieterhöhungserklärung auf die ortsübliche Vergleichsmiete gelten zunächst die allgemeinen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung, wie zu Ziff. 3 auf der Seite Mieterhöhung ausgeführt.
Eine Schriftformabrede für Änderungen und Ergänzungen eines Wohnraummietvertrages gilt nicht für ein Mieterhöhungsverlangen (BGH 10.11.2010 Az. VIII ZR 300/09). Die Erhöhung der Miete muss in Zahlen ausgewiesen sein und nicht in Prozenten. Die Formulierung: „Mieterhöhung um 3 % der Nettokaltmiete“ ist also unzulässig und führt zur Unwirksamkeit der Mieterhöhung. Die Formulierung: „Mieterhöhung um 20,- € der Nettokaltmiete“ wäre dagegen zulässig.
b) Begründung der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Der Vermieter oder der beauftragte Rechtsanwalt, muss das Mieterhöhungsverlangen begründen. Er muss also für den Mieter nachvollziehbar darlegen, dass der neue Mietzins die ortsübliche Miete nicht übersteigt. Die Begründung soll dem Mieter die Nachprüfung ermöglichen, ob die Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Er soll entscheiden können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmen will (BGH 12.12.2007 Az. VIII ZR 11/07).
aa) Allgemeine Anforderungen an die Begründung
Ein Mangel der Begründung kann durch den beauftragten Anwalt im Mietrechtsstreit nachgeholt werden, was aber eine neue Zustimmungsfrist in Gang setzt (§ 558b Abs. 3 BGB).
Aus der Begründung muss sich eindeutig ergeben, dass es sich nicht um ein einseitiges Mieterhöhungsverlangen handelt, sondern dass die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung verlangt wird. Erweckt das Schreiben den Anschein einer einseitigen Mieterhöhung, ist das Verlangen unwirksam.
Die erhöhte Miete muss betragsmäßig ausgewiesen sein. Die vom Mieter geschuldete Zustimmung muss sich auf den Endbetrag und nicht auf den Betrag, um den sich die Miete erhöhen soll, beziehen.
Für die Begründung des Mieterhöhungsverlangens kann sich der Vermieter auf einen Mietspiegel, auf ein Sachverständigengutachten, eine Mietdatenbank oder auf Vergleichsmietwohnungen stützen (§§ 558a, c, d, e BGB).
bb) Begründung mit einem Mietspiegel
Der Mietspiegel bietet die Möglichkeit sich einen Überblick über die durchschnittlich gezahlten Mieten für verschiedene Wohnungstypen, die in ihrer Art, Größe, Ausstattung und Lage vergleichbar sind, zu verschaffen.
Ist der Mietspiegel allgemein zugänglich, muss er dem Mieterhöhungsverlangen nicht beigefügt werden. Das ist der Fall, wenn er im Amtsblatt veröffentlicht wurde, gegen eine geringe Schutzgebühr erhältlich oder im Internet veröffentlicht ist (BGH 30.09.09 Az. VIII ZR 276/08). In Leipzig erfolgt die Begründung der Mieterhöhung mit dem Leipziger Mietspiegel.
(1) Zeitlicher Anwendungsbereich
Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens mit einem Mietspiegel kann nur erfolgen, wenn er schon verabschiedet wurde. Wurde nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens ein neuer Mietspiegel veröffentlicht, dann ist zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete der im Verlauf des Mieterhöhungsprozesses veröffentlichte Mietspiegel heranzuziehen, wenn die darin enthaltenen Daten vor dem Stichtag der Fälligkeit des erhöhten Mietzinses erhoben worden sind (LG Bln. 14.11.1996 Az. 62 S 179/96). Die Bezugnahme auf einen bis vor kurzem geltenden Mietspiegel, der inzwischen durch einen neuen ersetzt wurde, macht das Mieterhöhungsverlangen nicht unwirksam (BGH 06.07.2011 Az. VIII ZR 337/10 anders AG Leipzig 11.01.2016 Az. 162 C 6118/15).
Der Vermieter darf, anders als das Gericht, einen einfachen Mietspiegel, der älter als 2 Jahre ist, nicht durch Zeitzuschläge zum Ausgleich der Stichtagsdifferenz aktualisieren. Ein qualifizierter Mietspiegel, der nach 2 Jahren nicht fortgeschrieben wird, verliert seine Qualifikation und kann nur noch als einfacher Mietspiegel verwendet werden. Ein veralteter einfacher Mietspiegel kann als Begründungsmittel für eine Mieterhöhungserklärung verwendet werden. Er kann durch das Gericht durch Zeitzuschläge aktualisiert werden.
(2) Spanneneinordnung
Das Mieterhöhungsverlangen muss erkennen lassen, wie der Vermieter die Wohnung in den Mietspiegel eingruppiert hat. Soweit Mietspiegelfelder mit Spannen umschrieben sind (z.B. Baujahr), ist es ausreichend, wenn dargelegt wird, dass die Wohnung innerhalb der Spanne errichtet wurde (BGH 12.12.2007 Az. VIII ZR 11/07). Die falsche Einordnung einer Wohnung führt nicht zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens, sondern zu der Frage, ob es begründet ist (BGH 11.03.2009 Az. VIII ZR 316/07).
Der Vermieter muss die Einordnung innerhalb der Spanne nicht im Mieterhöhungsverlangen, wohl aber im Mietrechtsstreit begründen. Macht der Vermieter hierzu im Mietrechtsprozeß keine weiteren Angaben, dann ist vom Mittelwert der Spanne auszugehen. Verlangt der Vermieter eine Miete über dem Oberwert der Spanne, ist das Mieterhöhungsverlangen nicht unzulässig, sondern nur insoweit unbegründet (BGH 12.11.2003 Az. VIII ZR 52/03).
(3) Baualtersklassen
Die Einordnung der Wohnung in eine andere Baualtersklasse ist nur zulässig, wenn eine Altbauwohnung vollkommen neu hergerichtet und hinsichtlich Ausstattung und Raumaufteilung neuzeitlichen Anforderungen entspricht. Der Vermieter muss hierzu in der Mieterhöhungserklärung das ursprüngliche Baualter angeben. Die Angaben müssen so vollständig sein, dass der Mieter die Einordnung nachvollziehen kann.
cc) Begründung mit einem Sachverständigengutachten
Das Mieterhöhungsverlangen kann mit einem Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen begründet werden. Das Gutachten muss dem Mieterhöhungsverlangen beigefügt werden. Das Gutachten muss erkennen lassen, dass dem Sachverständigen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt in ausreichender Zahl Vergleichswohnungen bekannt sind und er die Wohnung in das Mietpreisgefüge eingeordnet hat.
Spätestens bei einem gerichtlichen Miethöhegutachten ist dieses aber nur dann geeignet die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, wenn sowohl Neumieten als auch Bestandsmieten der letzten vier Jahre angemessen in dem Gutachten berücksichtigt werden (BGH 19.02.2012 Az. VIII ZR 346/10). Die von Maklern erstellten IVD- oder RDM-Preisspiegel weisen nur Neuvertragsmieten auf und sind somit als Datenbasis für das Sachverständigengutachen nicht geeignet.
Sind gleichartige oder identische Wohnungen nicht in ausreichender Zahl aufzufinden, kann die Vergleichbarkeit in dem Sachverständigengutachten durch Zu- und Abschläge oder durch ein Punktesystem hergestellt werden. Kann der Gutachter keine statistisch ausreichende Zahl vergleichbar großer Wohnungen ermitteln, ist es nicht zulässig die Vergleichbarkeit der Wohnungen durch einen 30 Jahre alten Umrechnungskoeffizienten (hier: Tabelle Streich) herzustellen (BGH 24.04.2019 Az. VIII ZR 62/18).
dd) Begründung mit Vergleichswohnungen
Der Vermieter kann das Mieterhöhungsverlangen auch mit 3 Vergleichswohnungen begründen. Diese können aus dem eigenen Bestand und sogar aus demselben Haus herangezogen werden. Es wird kein Durchschnittswert aus den Mieten der Vergleichswohnungen gebildet, sondern die niedrigste Miete ist für die Mieterhöhung maßgebend.
Die Vergleichswohnungen müssen so genau bezeichnet werden, dass sie vom Mieter gefunden werden können. Befinden sich also auf einer Etage mehrere Wohnungen, muss z.B. auch der Name des Mieters angegeben werden (BGH 18.12.2002 Az. VIII ZR 141/02).
c) Heilung des Mieterhöhungsverlangens
Ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen kann außerhalb eines Gerichtsverfahrens nur im Ganzen neu erklärt werden. Die Bezugnahme auf frühere Erklärungen reicht nicht aus. Eine Nachbesserung ist nur in einem Mietrechtsstreit zugelassen (§ 558b Abs. 3 BGB). Im Mietrechtsstreit kann der Vermieter Mängel des Mieterhöhungsverlangens beheben. Das nachgebesserte Mieterhöhungsverlangen setzt erneut die Überlegungsfrist in Gang. Das gilt auch, wenn der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen auf ein anderes Begründungsmittel als einen Mietspiegel stützt und entgegen § 558a Abs. 3 BGB gleichwohl keine Angaben zu einem existenten qualifizierten Mietspiegel macht (LG Mü. I 12.06.2002 Az. 14 S 21762/01).
3. Kappungsgrenze
Die Kappungsgrenze begrenzt die Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Danach darf die Miete innerhalb von 3 Jahren um nicht mehr als 20% steigen (§ 558 Abs. 3 BGB). Ob die Kappungsgrenze eingehalten ist, wird ausgehend vom Tag der begehrten Mieterhöhung, 3 Jahre rückwirkend berechnet (BGH 28.04.2004 Az. VIII ZR 178/03).
Ist in dem Zeitraum von 3 Jahren eine Mieterhöhung erfolgt, sind diese bei der Berechnung der Kappungsgrenze einzubeziehen. Das gilt nicht für eine Mieterhöhung wegen Modernisierung (§ 559 BGB). Auch wenn die Mieterhöhung wegen Modernisierung auf einer Vereinbarung beruht, bleibt sie bei der Berechnung der Kappungsgrenze außer Betracht (BGH 28.04.2004 Az. VIII ZR 185/03).
Auch öffentliche Fördermittel zur Modernisierung sind von der Mieterhöhung abzuziehen. Das Mieterhöhungsverlangen ist nur dann formell wirksam, wenn die Kürzungsbeträge für öffentliche Fördermittel in das Mieterhöhungsverlangen aufgenommen und erläutert werden (BGH 12.05.2004 Az. VIII ZR 234/03). Öffentliche Fördermittel der Modernisierung sind jedenfalls dann bei einer Mieterhöhung abzuziehen, wenn diese in einem Zeitraum von 12 Jahren vor der Modernisierung in Anspruch genommen wurden (BGH 25.02.2004 Az. VIII ZR 116/03).
4. Fristen für die Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete sind die Wartefrist von 15 Monaten (§ 558 Abs. 1 BGB), die Überlegungsfrist (§ 558b Abs. 1 BGB) und die Klagefrist (§ 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB) zu beachten.
a) Sperrfrist und Wartefrist
aa) Ein Mieterhöhungsverlangen darf erst gestellt werden, wenn die Miete ein Jahr unverändert geblieben ist, wobei Modernisierungsmieterhöhungen nicht berücksichtigt werden (Sperrfrist, § 558 Abs. 1 BGB). Bei Neuabschluss des Mietvertrages beginnt die Sperrfrist mit dem Beginn des Mietverhältnisses bzw. der Fälligkeit des ersten Mietzinses. Ein vor Ablauf der Jahresfrist gestelltes Mieterhöhungsverlangen ist unwirksam (BGH 16.06.1993 Az. VIII ARZ 2/93).
bb) Die Sperrfrist und die sich anschließende Überlegungsfrist bewirken, dass zwischen dem Beginn der alten Mieterhöhung und der neuen Mieterhöhung, 15 Monate liegen müssen (Wartefrist). Die Miete muss dann 15 Monate bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die erhöhte Miete erstmals fällig ist, unverändert geblieben sein.
cc) Tritt ein neuer Mieter in das bestehende Mietverhältnis ein, wie es bei Wohngemeinschaften oft der Fall ist, dann beginnt die Wartefrist mit dem Eintritt des neuen Mieters (LG Bln. 09.01.1997 Az. 61 S 234/96). Stimmt der Mieter einem wirksamen Mieterhöhungsverlangen nur teilweise zu und lässt der Vermieter die Klagefrist verstreichen, dann wird durch die Teilzustimmung die Wartefrist ausgelöst (LG Bln. 20.09.1996 Az. 63 S 196/96).
Erklärt der Mieter dagegen zu einem unwirksamen Mieterhöhungsverlangen eine Teilzustimmung, dann wird die Wartefrist nicht ausgelöst, wenn der Vermieter dieses neue Vertragsangebot auch nicht durch schlüssiges Verhalten angenommen hat (LG Bln. 25.10.1996 Az. 65 S 211/96).
b) Überlegungsfrist
Für den Mieter beginnt sodann eine Überlegungsfrist, die mit dem Ende des 2. Kalendermonats abläuft, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgt. Der Mieter kann innerhalb dieser Überlegungsfrist entscheiden, ob er dem Mieterhöhungsverlangen auf die ortsübliche Vergleichsmiete zustimmt. Bei mehreren Mietern beginnt die Überlegungsfrist, wenn das Mieterhöhungsverlangen allen Mietern zugegangen ist. Eine vor Ablauf der Überlegungsfrist erhobene Zustimmungsklage ist unzulässig. Sie wird zulässig, wenn die Überlegungsfrist bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgelaufen ist oder der Mieter das Mieterhöhungsverlangen endgültig abgelehnt hat. Ebenso wird die Klage zulässig, wenn im Mietrechtsstreit ein neues Mieterhöhungsverlangen erteilt wird und der Mieter es vor Ablauf der Überlegungsfrist endgültig ablehnt.
c) Klagefrist
Sodann beginnt die Klagefrist, die der Vermieter oder sein Rechtsanwalt beachten muss, wenn der Mieter der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zustimmt. Diese schließt sich an den Ablauf der Überlegungsfrist an und beträgt ebenfalls 3 Monate (§ 558b Abs. 2 BGB). Die Frist ist gewahrt, wenn die Klage rechtzeitig eingereicht und demnächst zugestellt wird (§ 167 ZPO). Bei mehreren Mietern muss die Klage innerhalb der Klagefrist allen Mietern fristgerecht zugestellt werden. Sollte der Vermieter die Klagefrist von 3 Monaten versäumen, so ist die Klage unzulässig und es kann kein neues Mieterhöhungsverlangen im Mietrechtsstreit nachgeholt werden (LG Duisburg 21.06.2005 Az. 13 S 119/05).
5. Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung
Der Mieter kann der Mieterhöhungserklärung bis zum Beginn des 3. Kalendermonats, der auf den Zugang der Erklärung folgt, zustimmen (Überlegungsfrist § 558b Abs. 2 BGB). Das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters stellt ein Vertragsangebot dar. Durch die Zustimmung des Mieters tritt eine Änderung des Mietvertrages ein (BGH 30.01.2018 Az. VIII ZB 74/16). Auf die Zustimmungserklärung des Mieters sind somit die Vorschriften über den Zugang von Willenserklärungen, Anfechtung, Stellvertretung, Geschäftsfähigkeit usw., anzuwenden. Die Zustimmung darf nicht unter einer Bedingung erfolgen.
a) Formfreiheit und konkludente Zustimmung
Die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhungserklärung kann formfrei erfolgen. Die Zustimmungserklärung des Mieters bedarf auch dann nicht der Schriftform, wenn im Mietvertrag die Schriftform vereinbart ist (BGH 30.01.2018 Az. VIII ZB 74/16).
Der Mieter muss der Mieterhöhungserklärung nicht ausdrücklich zustimmen (LG Leipzig 06.11.2001 Az. 16 S 4038/01). Es ist auch eine konkludente Zustimmung zur Mieterhöhung möglich (AG Leipzig 23.11.2001 Az. 19 C 10657/01). Die konkludente Zustimmung kann durch eine Änderung des Dauerauftrages erfolgen. Die Zustimmung kann aber nicht darin gesehen werden, dass der Vermieter die Mieterhöhung auf Grund einer Einziehungs- oder Abbuchungsermächtigung einzieht. Von einer konkludenten Zustimmung ist auszugehen, wenn der Mieter den Mieterhöhungsbetrag dreimal vorbehaltlos zahlt (BGH 30.01.2018 Az. VIII ZB 74/16).
b) Teilzustimmung
Der Mieter kann dem Mieterhöhungsverlangen auch teilweise zustimmen. Durch die Teilzustimmung ist die teilweise Mieterhöhung, unabhängig vom Willen des Vermieters eingetreten (§ 150 Abs. 2 BGB gilt hier nicht). Ist der Vermieter nicht mit der Teilzustimmung einverstanden, muss er bzw. der Anwalt innerhalb der Klagefrist von 3 Monaten Klage erheben, ansonsten ist die Vertragsänderung über den Teilbetrag zustande gekommen. In diesem Fall ist die Wartefrist vor einem neuen Mieterhöhungsverlangen einzuhalten. Der Rechtsanwalt muss die Teilzustimmung im Klageantrag berücksichtigen.
Eine Teilzustimmung zu einem unwirksamen Mieterhöhungsverlangen stellt ein neues Angebot des Mieters dar. Der Vermieter kann dieses Angebot schlüssig annehmen, wenn er die Miete widerspruchslos entgegennimmt. Nimmt der Vermieter das Angebot nicht an, wird die einjährige Wartefrist nicht ausgelöst und er kann erneut eine Mieterhöhungserklärung abgeben (LG Bln. 25.10.1996 Az. 65 S 211/96).
c) Personenmehrheit
Bei mehreren Mietern müssen auf Grund der gesamthänderischen Bindung, alle Mieter zustimmen. Die Zustimmung nur eines von mehreren Mietern gilt als Ablehnung des Mieterhöhungsverlangens. Allerdings können die Mieter im Mietvertrag vereinbart haben, sich gegenseitig bei der Abgabe von Willenserklärungen zu bevollmächtigen. In diesem Fall kann die zunächst ohne Vollmacht erteilte Zustimmungserklärung nur eines Mieters durch die übrigen Mieter nachträglich genehmigt werden (§ 177 Abs. 1 BGB).
d) Fälligkeit der Miete
Die Mieterhöhung wird ab dem Beginn des 3. Monats, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens folgt, wirksam. Ist über die Mieterhöhung ein Rechtsstreit anhängig, dann tritt die Fälligkeit erst mit der Rechtskraft des Zustimmungsurteils ein (BGH 04.05.2005 Az. VIII ZR 94/04).
6. Klage des Vermieters bei fehlender Zustimmung
a) Lehnt der Mieter die Mieterhöhung ab oder schweigt er bis zum Ablauf der Überlegungsfrist von 2 Monaten, muss der Vermieter oder der Anwalt innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist Klage erheben (§ 558b Abs. 2 BGB).
b) Der Klageantrag ist durch den Rechtsanwalt auf die Abgabe einer Willenserklärung, also auf Zustimmung der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu richten und nicht auf Zahlung der Mieterhöhung. Mit der Rechtskraft des Urteils gilt die Willenserklärung als abgegeben (§ 894 ZPO). Ein Klageantrag des Anwalts auf unbezifferte Zustimmung ist ebenfalls unzulässig. Der Antrag ist auf Zustimmung der insgesamt für die Wohnung betragsmäßig zu zahlenden Miete zu richten. Wird durch den Rechtsanwalt ein unzulässiger Klageantrag gestellt, kann die Antragsänderung dazu führen, dass dann die Klagefrist abgelaufen ist.
Aus dem Klageantrag muss sich ebenfalls ergeben, ab wann die Zustimmung zur Mieterhöhung gelten soll. Fehlt das Datum, gilt die Zustimmung des Mieters erst mit der Rechtskraft des Urteils als erteilt.
c) Sofern sich die Klage auf einen qualifizierten Mietspiegel stützt, kann der Rechtsanwalt anregen, dass das Gericht die ortsübliche Miete nach § 287 ZPO schätzt, um ein Sachverständigengutachten zu vermeiden (BGH 20.04.2005 Az. VIII ZR 110/04).
d) Heilt der Vermieter bzw. sein Anwalt im Mietrechtsstreit Mängel der Mieterhöhungserklärung durch eine neue bzw. nachgebesserte Erklärung, wird erneut die Überlegungs- und Zustimmungsfrist ausgelöst. Stimmt der Mieter dann der Mieterhöhungserklärung zu, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt und der Vermieter hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 a ZPO).
7. Beweiskraft des Mietspiegels
Das Gesetz unterscheidet zwischen einem einfachen Mietspiegel und dem qualifizierten Mietspiegel. Die Beweiskraft des Mietspiegels bezieht sich nur auf das allgemeine Mietenniveau. Die konkrete Miethöhe ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (z.B. aufwendige Renovierung, schlechter Instandhaltungszustand, Wohnlage, Verkehrsbelastung) zu berücksichtigen.
a) Der einfache Mietspiegel
Der einfache Mietspiegel (§ 558c BGB) gibt nur eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete. Gesetzliche Vorgaben oder wissenschaftlichen Anforderungen gibt es hier nicht zu beachten. In der Praxis hat sich durchgesetzt, die Vergleichsmiete im Mietspiegel als Nettokaltmiete auszuweisen. Da es für den einfachen Mietspiegel keine allgemeingültigen Voraussetzungen gibt, kommt diesem im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung keine formelle Beweiskraft zu.
aa) Indizwirkung
Allerdings stellt ein einfacher Mietspiegel, der von den örtlichen Interessenvertretern der Vermieter und Mieter gemeinsam erstellt und von der Gemeinde anerkannt wurde, im Mieterhöhungsprozess ein Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben (BGH 16.06.2010 Az. VIII ZR 99/09). Aber dem einfachen Mietspiegel kommt nicht die in § 558d Abs. 3 BGB dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene gesetzliche Vermutungswirkung zu.
Aufgrund der Indizwirkung kann der einfache Mietspiegel vom Gericht zur Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete genutzt werden. Hierzu ist in einem ersten Schritt die Mietpreisspanne festzustellen. In einem zweiten Schritt ist ausgehend vom Mittelwert der Spanne anhand einzelfallbezogener, den individuellen Wohnwert bestimmender Faktoren die konkrete Vergleichsmiete im Sinne einer Einzelvergleichsmiete zu ermitteln (BGH 13.02.2019 Az. VIII ZR 245/17).
bb) Erschütterung der Indizwirkung
Ob die Indizwirkung des einfachen Mietspiegels im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen der Mieter gegen den Erkenntniswert des Mietspiegels erhebt. Trägt etwa der Anwalt des Mieters substantiiert vor, den Verfassern des Mietspiegels habe es an der erforderlichen Sachkunde gefehlt oder sie hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder der Mietspiegel beruhe auf unrichtigem Datenmaterial, dann muss das Gericht diesen Einwendungen nachgehen. Verbleiben danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels, ist die Indizwirkung erschüttert. In diesem Fall ist es dann Sache des Anwalts des Vermieters für seine Behauptung, die neue Miete liege innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete, einen anderen Beweis (z. B. Sachverständigengutachten) anzubieten (BGH 16.06.2010 Az. VIII ZR 99/09).
b) Der qualifizierte Mietspiegel
Ein qualifizierter Mietspiegel (§ 558d BGB) muss dagegen nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden. Die Anforderungen sind insgesamt höher als bei einem einfachen Mietspiegel. Die Methoden zur Erstellung des qualifizierten Mietspiegels sollen für jeden nachvollziehbar und überprüfbar sein. Der qualifizierte Mietspiegel muss nach zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden und alle 4 Jahre neu erstellt werden. Unterbleibt die rechtzeitige Anpassung, gilt er nicht mehr als qualifizierter Mietspiegel. Er kann aber weiterhin als einfacher Mietspiegel zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens dienen.
Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, ist aber auch der qualifizierte Mietspiegel kein formelles Beweismittel vor Gericht für die Angemessenheit der Mieterhöhung. Von den Gemeinden aufgestellte örtliche Mietspiegel sind vielmehr von den Gerichten, die sie zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete heranziehen, auf ihre inhaltliche Richtigkeit und Eignung zum Nachweis der Marktmiete zu überprüfen (BVerwG 26.01.1996 Az. 8 C 19/94).
aa) Vermutungswirkung
Aber das Gesetz billigt dem qualifizierten Mietspiegel unter den Voraussetzungen des § 558d Abs. 2 BGB im Mieterhöhungsprozess eine Vermutungswirkung dahingehend zu, dass die in einem solchen Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Das Gericht ist dann berechtigt, die ortsübliche Miete allein anhand des qualifizierten Mietspiegels festzustellen. Es bedarf keines Sachverständigengutachtens mehr (BGH 06.11.2013 Az. VIII ZR 346/12). Die gesetzliche Vermutungswirkung kann durch einen Rechtsanwalt nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden (BGH 16.06.2010 Az. VIII ZR 99/09; § 292 S. 1 ZPO).
bb) Erschütterung der Vermutungswirkung
Die Vermutungswirkung erstreckt sich aber nicht darauf, dass der Mietspiegel ordnungsgemäß zustande gekommen ist und insbesondere ob die Qualifizierung zu Recht erklärt wurde. Bestreitet also der Rechtsanwalt, dass der Mietspiegel nach anerkannten qualifizierten Grundsätzen erstellt wurde oder von den im Gesetz genannten Institutionen anerkannt wurde, dann muss der Prozessgegner dies darlegen und beweisen. Das Gericht hat dann zu überprüfen, ob der Mietspiegel zu Recht als „qualifiziert“ bezeichnet werden darf (BGH 21.11.2012 Az. VIII ZR 46/12).
c) Stichtagsdifferenz
Ist seit der Erstellung des Mietspiegels ein Jahr vergangen, kann das Gericht die Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die zwischen Datenerhebung zum Mietspiegel und Zugang des Mieterhöhungsverlangens vergangen ist (Stichtagsdifferenz), durch einen Zeitzuschlag zum Mietspiegelwert berücksichtigen (BGH 15.03.2017 Az. VIII ZR 295/15). Der Stichtagszuschlag ist vorzunehmen, wenn nachträglich zwischen zwei Erhebungszeitpunkten ungewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen sind. Das ist der Fall, wenn in zwei Mietspiegeln innerhalb von 19 Monaten eine Steigerung des Mittelwertes der Miete von 12,35 % zu verzeichnen ist.
Dabei kann von einer annähernd linear verlaufenden Mietpreissteigerung ausgegangen und die Miete linear, mit monatlich gleichen Zuschlägen, in die Zukunft fortgeschrieben werden. Eine solche lineare Interpolierung ist wegen des relativ kurzen zeitlichen Abstandes zwischen den jeweiligen Erhebungszeitpunkten und der dadurch gegebenen Überschaubarkeit des Schätzungszeitraums nicht zu beanstanden (BGH 15.03.2017 Az. VIII ZR 295/15).