Das Aufmaß im Baurecht
Dem Aufmaß im Baurecht kommt besondere Bedeutung zu, da der Unternehmer ohne Aufmaß in der Regel nicht in der Lage ist, seine Leistungen abzurechnen. Wir wollen deshalb als Rechtsanwälte hier auf einige Probleme der Aufmaßfeststellung im Baurecht eingehen.
In den meisten Fällen erfolgt die Abrechnung der Bauleistung nach Menge, Maß, Stückzahl und Gewicht (Einheitspreisvertrag). Im Gegensatz zum Einheitspreisvertrag wird beim Pauschalpreisvertrag die Bauleistung pauschal abgerechnet. Der Einheitspreis wird im Bauvertrag vereinbart. Der Unternehmer muss aber auch feststellen, welche Leistung er erbracht hat. Um diese rechnerisch zu ermitteln bedarf es eines Aufmaßes (§ 14 VOB/B).
1. Gemeinsames Aufmaß
Als Rechtsanwälte können wir nur dazu raten, dass bei Abschluss des Bauvertrages genau beachtet wird, welche Regelungen im Bauvertrag für das Aufmaß enthalten sind. Ist dort bestimmt, dass die Aufmaßfeststellungen gemeinsam zu erfolgen haben, ist es bei einem VOB-Vertrag für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung notwendig, dass das Aufmaß auch gemeinsam genommen wurde. Dazu ist es allerdings nicht erforderlich, dass sich die Parteien vor Ort treffen und das Aufmaß nehmen. Ausreichend ist es, wenn sich die Parteien einig darüber sind, dass die Leistungen erbracht wurden.
Das Aufmaß sollte also möglichst durch beide Parteien unterzeichnet sein, um später nicht in Beweisnöte zu geraten. Der Vorteil eines gemeinsamen Aufmaßes liegt darin, dass der Bauherr später nicht mehr einwenden kann, es sei unrichtig (BGH 24.01.74, Az. VII ZR 73/73). Die Bindungswirkung des gemeinsamen Aufmaßes kann dann nur noch dadurch beseitigt werden, indem der Bauherr bzw. ein beauftragter Rechtsanwalt in einem Prozeß beweist, dass die Feststellungen unrichtig sind und er die Unrichtigkeit bei der Feststellung des Aufmaßes nicht gekannt hat (OLG Hm., NJW-RR 1991, 1496).
2. Verweigerung der Mitwirkung beim Aufmaß
Die Vereinbarung eines gemeinsamen Aufmaßes kann auch einen Nachteil für den Bauherrn bedeuten, wenn er nicht an den gemeinsamen Aufmaßfeststellungen mitwirkt. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer zu einem gemeinsamen Aufmaß auffordert und der Bauherr die Teilnahme grundlos verweigert. In diesem Fall kann der Unternehmer ein einseitiges Aufmaß nehmen. Es kommt dann zu einer Umkehr der Beweislast im Baurecht. Es muss nicht mehr der Unternehmer oder sein Rechtsanwalt die Richtigkeit des Aufmaßes im Prozeß beweisen, sondern der Bauherr muss beweisen, welche Massen nicht richtig sind (BGH 22.05.2003, Az. VII ZR 143/02). Das wird in vielen Fällen spätestens dann unmöglich sein, wenn die Leistungen bereits durch den Nachfolgeunternehmer verdeckt sind.
Gleiches gilt auch, wenn der Unternehmer nicht am Aufmaß mitwirkt. Hier darf der Bauherr das Aufmaß einseitig nehmen und der Unternehmer oder sein Anwalt muss beweisen, dass die Feststellungen nicht richtig sind (BGH 24.07.2003, Az. VII ZR 79/02).
3. Aufmaßvereitelung bei vorzeitig beendetem Bauvertrag
Endet der Bauvertrag vorzeitig, weil er gekündigt wurde, muss der bisherige Leistungsstand festgestellt werden. Verhindert der Bauherr das Aufmaß in diesem Fall, indem er das Bauvorhaben durch einen Drittunternehmer fertigstellen lässt, kann der Unternehmer seinen Leistungsstand nicht mehr feststellen, weil er verdeckt ist.
Hier muss der Unternehmer oder sein Rechtsanwalt in einem Bauprozeß vortragen, welche Leistungen er bisher erbracht hat. Der Unternehmer erhält dann den geschätzten Mindestaufwand, der für die Errichtung des Bauvorhabens erforderlich war (BGH 17.06.2004, Az. VII ZR 337/02).