Vertragsstrafe Arbeitsvertrag

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Vertragsstrafe im Arbeitsrecht

Wirksamkeit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag

In Arbeitsverträgen finden wir als Rechtsanwälte häufig Regelungen, wonach eine Vertragsstrafe fällig wird, wenn der Arbeitnehmer nach Vertragsunterzeichnung die Arbeit nicht antritt oder das Arbeitsverhältnis durch Verschulden einer Partei aufgelöst werden muss.

Zwar sind nach § 309 Nr. 6 BGB Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen unzulässig. Die Vereinbarung von Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag ist aber nach den im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten grundsätzlich zulässig (§ 310 Abs. 4 BGB).
In Formulararbeitsverträgen vereinbarte Vertragsstrafen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen (§§ 305 c Abs. 1, 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Dabei haben sich folgende Grundsätze herausgebildet:

1. Bestimmtheitsgebot

Die die Pflichtverletzung auslösende Vertragsstrafe muss konkret und bestimmt im Arbeitsvertrag formuliert sein.

a) So genügt die Formulierung: „im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes“ nicht dem Bestimmtheitsgebot. Die vereinbarte Vertragsstrafe muss nicht nur die zu leistende Strafe, sondern auch die Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann (BAG 18.08.2005 Az. 8 AZR 65/05).

b) Auch eine Formulierung, wonach eine Vertragsstrafe fällig sein soll, im Fall der „Beendigung“ des Vertrages, verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot. Das die Vertragsstrafe auslösende Fehlverhalten muss in der Vertragsstrafenabrede konkret beschrieben werden (BAG 23.01.2014 Az. 8 AZR 130/13).

c) Eine Regelung, die eine Vertragsstrafe für die „Nichteinhaltung der Kündigungsfrist“ vorsieht ist unwirksam, wenn nach Auslegung der Klausel damit auch Fälle erfasst werden, nach denen eine fristlose Kündigung unwirksam ist. Die Regelung ist dann zur Höhe der Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht hinreichend transparent und damit unwirksam. Eine Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Klausel ist ersatzlos zu streichen (§ 307 Abs. 1 BGB, BAG 24.08.2017 Az. 8 AZR 378/16).

2. Übersicherung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber darf nur berechtigte Interessen absichern und es darf keine Übersicherung vorliegen. Vor allem die Fälle, in denen der Arbeitgeber eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts einer Tätigkeit oder des Arbeitsvertragsbruchs im Arbeitsvertrag vereinbart, werden von der Rechtsprechung als berechtigt anerkannt (BAG 04.03.2004 Az. 8 AZR 196/03). Die Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag darf nicht höher sein als das Entgelt, was der Arbeitgeber bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer zahlen müßte (BAG 18.12.2008 Az. 8 AZR 81/08). Es gibt aber keine generelle Höchstgrenze für eine arbeitsvertraglich vereinbarte Vertragsstrafe.

a) Ausnahmsweise kann aber eine Vertragsstrafe die höher ist als die Vergütung, die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zu zahlen wäre, angemessen sein. Das ist dann der Fall, wenn der Wert der Arbeitsleistung aufgrund besonderer Umstände höher ist, als die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu zahlende Arbeitsvergütung (BAG 24.08.2017 Az. 8 AZR 378/16).

b) Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Arbeitsvertrag, wonach eine Vertragsstrafe von 3 Bruttomonatsgehältern zu zahlen ist, wenn der vertraglich vereinbarte Kündigungstermin nicht eingehalten wird ist demnach unwirksam, wenn die Kündigungsfrist nur 2 Monate beträgt (BAG 25.09.2008 Az. 8 AZR 717/07).

c) Wenn eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorsieht, dass bei einem mit zweiwöchiger Kündigungsfrist kündbaren Probearbeitsverhältnis eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsverdienst fällig wird, wenn es vertragswidrig beendet wird, ist diese Regelung ebenfalls unwirksam. Es liegt eine unzulässige Übersicherung des Arbeitgebers vor. Auch wenn das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Probezeit eine Kündigungsfrist von zwölf Wochen vorsieht, verbleibt es bei der Unwirksamkeit der Vertragsstrafenabrede. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsstrafenklausel kommt nicht in Betracht. Es wird demzufolge überhaupt keine Vertragsstrafe geschuldet, denn eine Herabsetzung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Vertragsstrafe auf ein angemessenes Maß ist nicht möglich. Die Klausel ist vielmehr insgesamt unwirksam (BAG 23.09.2010 Az. 8 AZR 897/08).

3. Herabsetzung der Vertragsstrafe

Andererseits ist eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Vertragsstrafe nicht immer deshalb gänzlich unwirksam, weil eine zu hohe Strafe vereinbart wurde. Vielmehr wird eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag durch Urteil auf eine angemessene Vertragsstrafe herabgesetzt (§ 343 BGB). Lediglich dann, wenn eine unwirksame Vertragsstrafe im Arbeitsrecht in einem Formulararbeitsvertrag vereinbart wurde, kommt eine sog. geltungserhaltende Reduktion der Klausel nicht in Betracht und die Vertragsstrafe ist auch der Höhe nach gänzlich unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB).