Kündigungsschutzklage

Anwalt Kündigungsschutzklage Arbeitsrecht
Die Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht

Gegen eine schriftliche Kündigung im Arbeitsrecht muss der Arbeitnehmer oder der Anwalt innerhalb von drei Wochen nach Zugang Kündigungsschutzklage erheben, wenn er deren Unwirksamkeit geltend machen will (§ 4 KSchG). Nach Ablauf dieser Frist wird die Kündigung wirksam (§ 7 KSchG). Als Fachanwalt für Arbeitsrecht erläutere ich nachfolgend, was bei der Erhebung der Kündigungsschutzklage zu beachten ist.

1. Erfasste Kündigungen und Klageverzicht

a) Kündigungen und Änderungskündigungen

Die Klagefrist von drei Wochen für die Erhebung der Kündigungsschutzklage, gilt für ordentliche und außerordentliche Kündigungen (BAG 18.12.2014 Az. 2 AZR 163/14). Sie gilt ebenfalls für ordentliche oder außerordentliche Änderungskündigungen (BAG 28.10.2010 Az. 2 AZR 688/09).
Die Dreiwochenfrist gilt nur für schriftliche Kündigungen. Entspricht die Kündigung nicht der Schriftform, kann der Anwalt die Unwirksamkeit der Kündigung auch noch nach Ablauf der Frist geltend machen (BAG 28.06.2007 Az. 6 AZR 873/06).
Die Klagefrist der Kündigungsschutzklage ist durch den Rechtsanwalt bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen und auch bei der Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen einzuhalten (§ 13 Abs. 1 KSchG).
Ist die Wartezeit für den Erwerb des Kündigungsschutzes noch nicht erfüllt, muss durch den Anwalt eine Kündigungsschutzklage dennoch innerhalb der Dreiwochenfrist erhoben werden (§ 1 Abs. 1 KSchG). Das gilt auch für eine Kündigung im Kleinbetrieb.

b) Klageverzicht

Nach Erhalt der Kündigung kann der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten. Eine formularmäßige Klageverzichtsvereinbarung kann unwirksam sein, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgt (BAG 24.09.2015 Az. 2 AZR 347/14. Erfolgt der Klageverzicht in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit einer Kündigung, kann das einen Auflösungsvertrag darstellen, der der Schriftform bedarf (BAG 19.04.2007 Az. 2 AZR 208/06).

2. Kündigungsschutzklage als Feststellungsklage

Die Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht ist eine Feststellungsklage. Durch sie soll festgestellt werden, dass eine bestimmte Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht zu dem vorgesehenen Termin beendet. Sie hat damit einen punktuellen Streitgegenstand, ob das Arbeitsverhältnis durch die konkrete Kündigung aufgelöst ist.

a) Punktueller Streitgegenstand

Mit dem Feststellungsantrag der Kündigungsschutzklage soll punktuell die Wirksamkeit der Kündigung und auch das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung festgestellt werden (BAG 21.04.2016 Az. 2 AZR 609/15). Die Kündigungsschutzklage umfasst im Arbeitsrecht daher auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis auch nicht durch einen anderen Umstand während der Kündigungsfrist aufgelöst wurde. Steht aber rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem Zeitpunkt vor Ablauf der Kündigungsfrist beendet wurde, kann die Klage gegen die Kündigung, die erst zu einem späteren Zeitpunkt wirken soll, keinen Erfolg haben (BAG 29.01.2015 Az. 2 AZR 698/12).

b) Umfang der Rechtskraft

Da die Rechtskraft nicht nur die Wirksamkeit der Kündigung umfasst, sondern auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin aufgelöst ist, steht mit der Rechtskraft des Urteils fest, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Unwirksamkeitsgründe aufgelöst ist, auch wenn sie nicht in den Arbeitsgerichtsprozess eingeführt wurden.

c) Mehrere Kündigungen

Hat der Arbeitgeber mehrere Kündigungen erklärt, muss der Arbeitnehmer bzw. sein Anwalt jede einzelne Kündigung mit einem Kündigungsschutzantrag angreifen (§ 4 S. 1 KSchG).
Hat aber der Arbeitgeber lediglich eine Kündigungserklärung doppelt abgeschickt hat, um den Zugang auf zwei verschiedenen Wegen sicherzustellen, reicht es aus, wenn der Anwalt nur eine Kündigungsschutzklage erhebt (BAG 09.06.2011 Az. 2 AZR 284/10).
Hat der Arbeitgeber „vorsorglich“ eine weitere Kündigung für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits durch eine andere Kündigung aufgelöst wurde, enthält der Feststellungsantrag des Arbeitnehmeranwalts in der Kündigungsschutzklage als unechten Hilfsantrag auch den Angriff gegen die vorsorgliche Kündigung (BAG 21.11.2013 Az. 6 AZR 979/11).

d) Verbindung mit Feststellungantrag nach § 256 ZPO

Sind während des Rechtsstreits weitere Kündigungen oder andere Beendigungstatbestände zu befürchten, die von dem Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage nicht umfasst sind, kann der Rechtsanwalt neben dem Kündigungsschutzantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag stellen (BAG 20.03.2014 Az. 2 AZR 1071/12). Der Anwalt muss dann neben der Kündigungsschutzklage (§ 4 S. 1 KSchG) beantragen festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht (§ 256 ZPO). Mit dem Feststellungsantrag und dem Kündigungsschutzantrag werden zwei selbstständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht, die in einer Klage verbunden werden können. Streitgegenstand des allgemeinen Feststellungsantrages ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BAG 26.09.2013 Az. 2 AZR 682/12).

aa) Antragsformulierung

Der allgemein im Arbeitsrecht übliche verkürzte Feststellungsantrag, der mit dem Kündigungsschutzantrag durch die Formulierung „…sondern ungekündigt fortbesteht“ verbunden wird, kann nicht als Feststellungsantrag gem. § 256 ZPO behandelt werden, wenn in der Klagebegründung Ausführungen zur Feststellungsklage fehlen (BAG 18.12.2014 Az. 2 AZR 163/14).

bb) Begründung

Der allgemeine Feststellungsantrag der Kündigungsschutzklage nach § 256 ZPO ist zu begründen. Es ist durch den Anwalt vorzutragen, dass die Möglichkeit besteht, dass es weitere Beendigungsgründe gibt. Hierzu muss der Rechtsanwalt weitere streitige Beendigungsgründe in den Prozess einführen oder wenigstens vortragen, dass diese möglich sind. Erfolgt ein solcher Sachvortrag durch den Anwalt nicht, ist der allgemeine Feststellungsantrag als unzulässig abzuweisen (BAG 26.09.2013 Az. 2 AZR 682/12).

cc) Weitere Kündigungen

Ein allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 ZPO wahrt die Klagefrist für spätere Kündigungen, wenn, wenn der Arbeitnehmer bzw. sein Anwalt die Sozialwidrigkeit der Kündigung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz geltend macht. Wird die spätere Kündigung dann mit einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG angegriffen, dann handelt es sich um eine zulässige Klageänderung, dass sich der Feststellungsantrag nun auf die Zeit nach der Kündigung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung richtet. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt muss wieder ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung vorliegen, ansonsten ist der allgemeine Feststellungsantrag wiederum abzuweisen (BAG 07.12.1995 Az. 2 AZR 772/94).
Ob der allgemeine Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) die Klagefrist für eine Kündigung wahrt, ist immer danach zu beantworten, ob er innerhalb der Dreiwochenfrist gestellt wurde (BAG 26.09.2013 Az. 2 AZR 682/12).

e) Klageantrag bei Änderungskündigung

Der Klageantrag der Änderungskündigung richtet sich im Arbeitsrecht danach, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt oder ablehnt.

aa) Ablehnung des Änderungsangebotes

Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ab, geht es allein um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In diesem Fall ist durch den Anwalt eine Kündigungsschutzklage zu erheben (§ 4 S. 1 KSchG).

bb) Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an, ist die Klage durch den Rechtsanwalt mit dem Feststellungsantrag zu erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Streitgegenstand ist hier, zu welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

f) Unwirksamkeitsgründe

Innerhalb der Klagefrist von drei Wochen ist durch den Anwalt nicht nur die soziale Rechtfertigung der Kündigung in der Kündigungsschutzklage zu rügen. Auch wenn der Anwalt nur andere Unwirksamkeitsgründe der Kündigung geltend machen will, ist die Klagefrist einzuhalten. Es kann also nach Ablauf von drei Wochen durch den Rechtsanwalt keine Kündigungsschutzklage eingereicht werden die sich darauf stützt, dass die Kündigung z.B. wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung (§ 102 Abs. 1 BetrVG) oder wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eines Schwerbehinderten (§ 168 SBG IX) unwirksam wäre.

aa) Vollmachtsmängel

Legt der Vertreter bei der Kündigung keine Originalvollmacht vor und wird sie deshalb unverzüglich zurückgewiesen, ist dieser Mangel ebenfalls durch den Rechtsanwalt mit einer Kündigungsschutzklage innerhalb der Klagefrist anzugreifen (§ 174 BGB).
Dagegen ist die Kündigung des vollmachtslosen Vertreters oder eines Nichtberechtigten, keine Kündigung des Arbeitgebers. Die ohne Vollmacht ausgesprochene Kündigung ist dem Arbeitgeber erst durch seine nachträgliche Genehmigung zurechenbar (§§ 180, 177 BGB). Die Klagefrist beginnt hier mit der Genehmigung (BAG 06.09.2012 Az. 2 AZR 858/11).

bb) Einhaltung der Kündigungsfrist

Auch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist ist durch den Anwalt mit einer fristgemäßen Kündigungsschutzklage anzugreifen. Eine mit einer zu kurzen Frist ausgesprochene Kündigung wird rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum falschen Termin, wenn die zu kurze Kündigungsfrist nicht durch rechtzeitige Klage des Rechtsanwalts geltend gemacht worden ist (§ 7 KSchG; BAG 15.05.2013 Az. 5 AZR 130/12).

cc) Massenentlassungsanzeige

Ebenso ist die Klagefrist für die Kündigungsschutzklage einzuhalten, wenn der Rechtsanwalt geltend machen will, dass die Kündigung wegen Verstoßes der Anzeigepflicht bei Massenentlassungen unwirksam ist (§ 17 KSchG; BAG 22.11.2012 Az. 2 AZR 371/11).

g) Beklagtenbezeichnung

Die Kündigungsschutzklage ist durch den Rechtsanwalt gegen den Arbeitgeber zu richten. Ist die Parteibezeichnung nicht eindeutig, kann diese durch Auslegung ermittelt werden.

aa) Rubrumsberichtigung

Ist der Arbeitgeber falsch bezeichnet, steht aber von vornherein fest, wer richtiger Beklagter sein soll, kann das Rubrum berichtigt werden, wenn die Partei dieselbe bleibt. Wurde der Kündigungsschutzklage durch den Anwalt das Kündigungsschreiben beigefügt, aus dem sich der richtige Arbeitgeber ergibt, kann die Klage entsprechend ausgelegt werden (BAG 28.08.2008 Az. 2 AZR 279/07). Eine Rubrumsberichtigung ist selbst dann möglich, wenn statt des richtigen Arbeitgebers irrtümlich eine tatsächlich existierende falsche juristische Person gewählt wurde, wenn sich aus der Klageschrift und den Anlagen ergibt, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BAG 20.02.2014 Az. 2 AZR 248/13).

Auch wenn der Rechtsanwalt in der Kündigungsschutzklage irrtümlich den Bevollmächtigten statt des Arbeitgebers als Beklagten benennt, ist eine Rubrumsberichtigung möglich (BAG 21.02.2002 Az. 2 AZR 55/01).
Ist streitig, wer der richtige Beklagte ist, kann der richtige Arbeitgeber auch durch eine hilfsweise gegen ihn gerichteten Klage in den Prozess einbezogen werden, auch wenn eine eventuelle subjektive Klagehäufung unzulässig ist (BAG 31.03.1993 Az. 2 AZR 467/92).

bb) Beklagter bei Betriebsübergang

Wird die Kündigung vor Betriebsübergang durch den Betriebsveräußerer ausgesprochen, ist auch die Kündigungsschutzklage gegen diesen zu richten. Stellt sich allerdings heraus, dass der Betriebsübergang vor Rechtshängigkeit der Kündigungsschutzklage erfolgte, erstreckt sich die Rechtskraft eines obsiegenden Urteils nicht auf den Betriebserwerber (BAG 18.02.1999 Az. 8 AZR 485/97).

h) Klage und Klagefrist

Der Klageantrag der Kündigungsschutzklage ist durch den Anwalt so zu formulieren, dass das Arbeitsverhältnis durch eine genau bezeichnete Kündigung nicht aufgelöst ist. Ein ungenauer Klageantrag ist auch dann großzügig auszulegen, wenn er durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht gestellt wurde. Entscheidend ist, dass aus der Klageschrift der Wille zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage hinreichend deutlich hervorgeht. Es genügt, wenn aus der Klage ersichtlich ist, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war und dass er seine Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will (BAG 13.12.2007 Az. 2 AZR 818/06).
Die Kündigungsschutzklage muss durch den Rechtsanwalt innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Die Klagefrist ist gewahrt, wenn die Klage demnächst zugestellt wird.

3. Kündigungsschutzklage und Ausschlussfristen

Verlangt eine tarifliche Ausschlussklausel die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist, dann wahrt die Kündigungsschutzklage die Frist hinsichtlich der Entgeltansprüche, die von der Klage abhängen. Es werden also keine Fristen für die Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers gehemmt oder gewahrt (BAG 24.09.2014 Az. 5 AZR 593/12).
Auch Urlaubsansprüche und Urlaubsabgeltungsansprüche werden durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht gewahrt (BAG 21.02.2012 Az. 9 AZR 486/10).

4. Wahlrecht bei Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses

Obsiegt der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, indem die Unwirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht festgestellt wird, hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will, wenn er nach Zugang der Kündigung ein neue Arbeitsverhältnis angenommen hat (§ 12 KSchG).

a) Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses

Will der Arbeitnehmer das alte Arbeitsverhältnis fortsetzen, muss er zuvor das neu eingegangene Arbeitsverhältnis mit der entsprechenden Kündigungsfrist kündigen. Kommt es dadurch zu Verzögerungen beim Antritt des alten Arbeitsverhältnisses, dann kann der Arbeitgeber deshalb nicht kündigen, da kein schuldhaftes Verhalten vorliegt.
Ist der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigungserklärung in Annahmeverzug geraten, muss er, um den Annahmeverzug zu beenden, den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Er kann eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 19.01.2016 Az. 2 AZR 449/15).

b) Fortsetzung des neuen Arbeitsverhältnisses

Will der Arbeitnehmer das neue Arbeitsverhältnis fortsetzen, muss er die Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf einer Woche nach Rechtskraft des Urteils der Kündigungsschutzklage gegenüber dem alten Arbeitgeber verweigern. Hierbei handelt es sich um ein befristetes Sonderkündigungsrecht, welches der Schriftform bedarf (BAG 17.12.2015 Az. 6 AZR 709/14). Mit dem Zugang der Nichtfortsetzungserklärung erlischt das alte Arbeitsverhältnis.