Kündigung im Mutterschutz

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Kündigungsschutz bei Schwangerschaft und in der Elternzeit im Arbeitsrecht

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, besteht im Arbeitsrecht der Sonderkündigungsschutz vor einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses für bestimmte Personengruppen z. B. bei Schwerbehinderten, während des Mutterschutzes oder in der Elternzeit.
In § 17 MuSchG ist ein temporäres Kündigungsverbot geregelt, wonach eine Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung, Kenntnis über die Schwangerschaft oder Entbindung erlangt. Eine Kündigung, welche gegen die Vorgaben des § 17 MuSchG verstößt, ist nichtig.

Darüber hinaus sieht § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG einen Sonderkündigungsschutz vor, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von welchem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen darf.
Beruft sich der Arbeitnehmer wegen eines Verstoßes gegen den Sonderkündigungsschutz auf die Unwirksamkeit der Kündigung, muss er dies innerhalb von drei Wochen selbst oder durch einen Rechtsanwalt arbeitsgerichtlich geltend machen, andernfalls wird die Kündigung wirksam (BAG 19.02.2009 Az. 2 AZR 286/07). Nachfolgend wollen wir als Rechtsanwälte für Arbeitsrecht die Grundzüge des Sonderkündigungsschutzes bei Schwangerschaft und Elternzeit darstellen.

A. Sonderkündigungsschutz bei Schwangerschaft

1. Geltungsbereich des Sonderkündigungsschutzes bei Schwangerschaft

a) Geschützter Personenkreis im Mutterschutz

Das Verbot der Kündigung bei Schwangerschaft gilt im Arbeitsrecht grundsätzlich für alle Frauen die, unabhängig von der Arbeitszeit, in einem Arbeitsverhältnis stehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob eine Frau als Arbeitnehmerin anzusehen ist, ist der Abschluss des Arbeitsvertrages. Dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen soll, ist unerheblich. Das Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme (BAG 27.02.2020 Az. 2 AZR 498/19).
Da für Beamtinnen ein eigens geregelter Kündigungsschutz besteht, fallen sie nicht in den Schutzbereich des § 17 MuSchG.

b) Art der Kündigung des Mutterschutzes

Das Verbot der Kündigung bei Schwangerschaft nach § 17 MuSchG erfasst alle Arten einer Kündigung im Arbeitsrecht. Das Kündigungsverbot greift daher bei einer ordentlichen als auch einer außerordentlichen Kündigung, bei einer Kündigung während der Probezeit oder auch bei einer Kündigung eines befristeten oder auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses. Andere Auflösungsgründe, wie Aufhebungsvertrag, Befristung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages, werden dagegen nicht umfasst.

c) Kündigungsschutz bei Schwangerschaft

Der Mutterschutz im Arbeitsrecht erfordert das objektive Bestehen einer Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Eine Schwangerschaft umfasst den Zeitraum zwischen der Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter (Nidation) und der Entbindung, einer Fehlgeburt oder eines Schwangerschaftsabbruchs. Bei der Berechnung des konkreten Zeitpunkts der Einnistung ist der von einem Arzt oder einer Hebamme ermittelte voraussichtliche Entbindungstermin maßgeblich, von welchem dann, um den Nidationszeitpunkt rechnerisch bestimmen zu können, 280 Tage zurückgerechnet werden (BAG 27.10.1983 Az. 2 AZR 566/82).

Liegt eine künstliche Befruchtung außerhalb des Körpers vor (In-vitro-Fertilisation), so gilt die Frau nicht erst ab der Nidation sondern bereits ab der Einsetzung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter als schwanger (BAG 26.03.2015 Az. 2 AZR 237/14).
Für den Kündigungsschutz ist allein das Vorliegen der Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung maßgeblich. Wusste die Arbeitnehmerin zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der Schwangerschaft, ist dies unerheblich.

Besteht die Schwangerschaft bei Zugang der Kündigung nicht, sondern tritt sie erst während der Kündigungsfrist ein, gilt der Sonderkündigungsschutz nicht (BAG 07.05.1998 Az. 2 AZR 417/97). Der Mutterschutz gilt zudem dann nicht, wenn die Arbeitnehmerin irrtümlich von einer Schwangerschaft ausgeht, beispielsweise aufgrund einer unrichtigen ärztlichen Bescheinigung.

Dass die Schwangerschaft bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorlag, muss die Schwangere oder der Rechtsanwalt im Rechtsstreit darlegen und beweisen. Hierzu genügt es, dass sie oder der Anwalt eine Bescheinigung über den voraussichtlichen Entbindungstermin vorlegt aus welcher sich ergibt, dass der Zugang der Kündigung innerhalb von 280 Tagen vor diesem Termin liegt (BAG 07.05.1998 Az. 417/97).
Wird eine Arbeitnehmerin wegen ihrer Schwangerschaft benachteiligt, kann zudem eine geschlechtsbezogene Diskriminierung vorliegen, die zu Schadenersatzansprüchen gem. § 15 Abs. 2 AGG führt (ArbG Leipzig 06.04.2016 Az. 6 Ca 4069/15).

d) Kündigungsschutz nach Entbindung

Hat die Schwangerschaft zur Entbindung geführt, besteht der besondere arbeitsrechtliche Schutz vor einer Kündigung über vier weitere Monate hinweg fort. Maßgeblich für die Beurteilung ob eine Entbindung vorliegt ist, ob sich das Kind im Mutterleib bereits so weit entwickelt hat, dass es grundsätzlich zu einem selbstständigen Leben fähig ist (BAG 15.12.2005 Az. 2 AZR 462/04). Daher umfasst der Begriff der Entbindung neben der Lebendgeburt (einschließlich Frühgeburt) auch die Totgeburt. Eine Fehlgeburt dagegen fällt nicht darunter, so dass bei einer solchen der besondere Kündigungsschutz nach einer Entbindung nicht besteht (BAG 16.02.1973 Az. 2 AZR 138/72).

Auch bei einem Schwangerschaftsabbruch besteht der Schutz vor Kündigung bei Schwangerschaft im Arbeitsrecht grundsätzlich nicht fort, da es nicht zu einer Entbindung kam. Anderes gilt dann, wenn der Schwangerschaftsabbruch künstlich herbeigeführt wurde, um die Schwangerschaft früher als zum mutmaßlichen Entbindungstermin zu beenden, ohne die Lebensfähigkeit des Kindes zielgerichtet zu beeinträchtigen. In einem solchen Fall kann das Merkmal der Entbindung nicht allein aus dem Abbruch heraus verneint werden (BAG 15.12.2005 Az. 2 AZR 462/04).
Verstirbt das Kind erst nach der Entbindung, bleibt der Schutz vor einer Kündigung des Arbeitsvertrages bestehen. Dies gilt auch bei der Freigabe des Kindes zur Adoption. Kommt es innerhalb der viermonatigen Kündigungsschutzfrist zu einer erneuten Schwangerschaft, dauert der Sonderkündigungsschutz fort.

2. Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft

a) Kenntnis bzw. Kenntniserlangung

Der Schutz vor Kündigung bei Schwangerschaft greift nur da im Arbeitsrecht, wo der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung Kenntnis von der Schwangerschaft oder der Entbindung hatte. Dem steht es gleich, wenn dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung, die Schwangerschaft oder die Entbindung mitgeteilt wird. Aber selbst wenn erst nach Ablauf dieser zwei Wochen die Mitteilung von der Schwangerschaft oder Geburt erfolgt, besteht der Mutterschutz, wenn die verspätete Mitteilung von der Arbeitnehmerin nicht zu vertreten ist und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird (§ 17 MuSchG).

b) Mitteilung der Schwangerschaft

Nach § 15 MuSchG soll die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den mutmaßlichen Entbindungstermin mitteilen, sobald sie selbst davon Kenntnis erlangt. Aus dieser Vorschrift ergibt sich aber keine gesetzliche Pflicht, die Schwangerschaft zu offenbaren. Vielmehr ist darin eine nachdrückliche Empfehlung zu sehen, den Arbeitgeber frühzeitig zu informieren. Kommt die Arbeitnehmerin dieser Empfehlung nicht nach, hat das zunächst keine Auswirkungen auf den Kündigungsschutz bei Schwangerschaft im Arbeitsrecht. Erst wenn eine Kündigung droht, ist die Arbeitnehmerin, wiederum im eigenen Interesse gehalten, den Arbeitgeber über die Schwangerschaft oder Umstände, die eine Schwangerschaft vermuten lassen, in Kenntnis zu setzen (BAG 13.06.1996 Az. 2 AZR 736/95), wenn sie den Schutz vor Kündigung bei Schwangerschaft nicht verlieren will (BAG 15.11.1990 Az. 2 AZR 270/90).

Die Mitteilung von der Schwangerschaft muss nicht persönlich erfolgen. Die Kenntnis kann dem Arbeitgeber auch durch Dritte, wie beispielsweise Ehepartner, Familienangehörige oder auch durch einen beauftragten Rechtsanwalt verschafft werden.
Hat die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber über die Schwangerschaft informiert, ist sie verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten, wenn die Schwangerschaft vorzeitig endet (BAG 18.01.2000 Az. 9 AZR 932/98).

c) Verschulden der Arbeitnehmerin

Die Arbeitnehmerin trifft kein Verschulden, wenn sie den Arbeitgeber nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft unterrichtet, wenn sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft weiß. Erfährt sie von der Schwangerschaft erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, kann sie den Sonderkündigungsschutz dennoch für sich beanspruchen, wenn sie die Mitteilung unverzüglich nachholt. Eine unverzügliche Mitteilung der Schwangerschaft liegt vor, wenn sie ohne schuldhaftes Zögern nachgeholt wird. Das ist noch anzunehmen, wenn die Mitteilung innerhalb von einer Woche nach Kenntnis erfolgt (BAG 26.09.2002 Az. 2 AZR 392/01). Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls können zwischen Kenntniserlangung der Schwangerschaft durch die Arbeitnehmerin und der Mitteilung an den Arbeitgeber sogar 13 Kalendertage liegen (LAG Hm. 17.10.2006 Az. 9 Sa 1503/05).

Hat die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits Kenntnis von der Schwangerschaft ohne dass sie zuvor ihren Arbeitgeber davon unterrichtet hat wird man, wenn sie die Zwei-Wochen-Frist des § 17 MuSchG überschreitet, von einem Verschulden bei der Fristsäumnis ausgehen können. Hat der Arbeitgeber aber gekündigt während die Arbeitnehmerin urlaubsbedingt verreist war und unterrichtet die Arbeitnehmerin unverzüglich nach ihrer Rückkehr, jedoch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, den Arbeitgeber über die Schwangerschaft, liegt ebenfalls keine schuldhafte Fristversäumnis vor (BAG 13.06.1996 Az. 2 AZR 736/95).

Ein Verschulden bei der Fristversäumnis liegt auch nicht vor, wenn die Mitteilung über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungszeitpunkt unverzüglich mit normaler Post an den Arbeitgeber abschickt wurde, aber der Brief aus ungeklärter Ursache verloren geht. Mit einem Verlust des Briefes auf dem Beförderungswege muss die Arbeitnehmerin nicht rechnen (BAG 16.05.2002 Az. 2 AZR 730/00).

d) Darlegungs- und Beweislast

Dass die Arbeitnehmerin die Mitteilung über die Schwangerschaft fristgemäß tätigte, muss sie oder der Rechtsanwalt im arbeitsrechtlichen Gerichtsverfahren darlegen und beweisen. Dabei muss sie oder der Anwalt darlegen können wann die Kündigung zuging und in welcher Art und Weise die Mitteilung über die Schwangerschaft erfolgte. Beruft sich die Arbeitnehmerin auf eine unverschuldete Unkenntnis der Schwangerschaft, muss sie bzw. der mit der Sache befasste Rechtsanwalt Umstände darlegen und im Falle des Bestreitens durch den Arbeitgeber beweisen, aus denen sich ergibt, dass sie tatsächlich ohne Verschulden keine Kenntnis hatte. Sie oder der Rechtsanwalt muss den Zeitpunkt der konkreten Kenntniserlangung darlegen und darüber hinaus auch, dass unverzüglich eine nachträgliche Mitteilung erfolgte.

3. Ausnahme vom Kündigungsverbot

Bei dem arbeitsrechtlichen Sonderkündigungsschutz des § 17 MuSchG handelt es sich um ein Kündigungsverbot mir Erlaubnisvorbehalt. In besonderen Fällen, die mit der Schwangerschaft oder Entbindung als solcher nichts zu tun haben, kann die Kündigung ausnahmsweise behördlich für zulässig erklärt werden kann.

a) Besonderer Fall

An einen solchen besonderen Fall werden jedoch strenge Anforderungen gestellt. Er kann nur vorliegen, wenn die Kündigung nicht im Zusammenhang mit dem Zustand der Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung steht. Es müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, welche es rechtfertigen das die vorrangigen Interessen der Schwangeren, hinter die Interessen des Arbeitgebers zurücktreten müssen (BVerwG 29.10.1958 Az. V C 88.56).

aa) Betriebsbedingte Kündigungsgründe
Ein besonderer Fall kann z. B. bei einer dauerhaften Betriebsstillegung oder einem sonstigen ersatzlosen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit (BVerwG 18.08.1977 Az. V C 8.77) gesehen werden.

bb) Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
Dass das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung das Interesse der Arbeitnehmerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwiegt, wird auch in den Fällen bejaht, in denen die Arbeitnehmerin eine grobe Pflichtverletzung begeht, insbesondere bei einer Straftat gegen den Arbeitgeber (BAG 17.03.2003 Az. 2 AZR 245/02).

cc) Personenbedingte Gründe
Grundsätzlich können personenbedingte Gründe keinen besonderen Fall darstellen (EuGH 30.06.1998 Az. C-394/96). Anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitgeber durch die Erfüllung der sich aus dem Mutterschutz ergebenden Verpflichtungen in die Nähe einer Existenzgefährdung rückt. Dies ist ausnahmsweise der Fall, wenn der Betreiber eines Nachtlokals eine schwangere Arbeitnehmerin, welche bei ihm als Bardame beschäftigt war, kündigt. Aufgrund des Nachtarbeitsverbots für werdende Mütter und der Unmöglichkeit einer Beschäftigung zur Tageszeit, kann die Arbeitnehmerin objektiv nicht beschäftigt werden. Die Fortzahlung des Lohns hätte den Arbeitgeber jedoch in die Nähe der Existenzgefährdung gebracht, so dass das Vorliegen eines besonderen Grundes angenommen werden konnte (BVerwG 21.10.1970 Az. V C 34.69).

b) Antragstellung

Beabsichtigt der Arbeitgeber, einer unter den Kündigungsschutz des § 17 MuSchG fallenden Arbeitnehmerin zu kündigen, muss er oder sein Rechtsanwalt einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung stellen. Die für die Erteilung der Zustimmung zuständige Stelle ist die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von dieser Behörde bestimmte Stelle. Der Antrag muss diejenigen Tatsachen enthalten, welche die Behörde zur Ermittlung, ob ein besonderer Grund tatsächlich vorliegt, benötigt. Liegt ein besonderer Fall tatsächlich vor, steht es dennoch grundsätzlich im Ermessen der Behörde ob sie der Kündigung zustimmt oder nicht (BVerwG 30.09.2009 Az. 5 C 32/08).
Eine bestimmte Frist für die Stellung des Antrags ist gesetzlich nicht geregelt. Will der Arbeitgeber außerordentlich kündigen, muss er jedoch die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB beachten, so dass er innerhalb von zwei Wochen nach der Kenntniserlangung der maßgeblichen Kündigungstatsachen den Antrag zu stellen hat.

c) Maßgeblicher Zeitpunkt

Die Kündigung darf der Arbeitgeber erst aussprechen, wenn die Zulässigkeitserklärung seitens der Behörde erfolgt ist. Eine zuvor erklärte Kündigung ist unheilbar nichtig (BAG 31.03.1993 Az. 2 AZR 595/92).
Da es sich bei der der Zulässigkeitserklärung der Behörde um einen Verwaltungsakt handelt, muss dieser, um seine volle Wirkung zu entfalten, bestandskräftig werden. Liegt die Bestandskraft im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vor (kann also die Arbeitnehmerin gegen den Verwaltungsakt Widerspruch oder Klage erheben), muss unterschieden werden:
aa) Erhebt die Arbeitnehmerin oder ihr Rechtsanwalt im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung weder Widerspruch noch Klage, muss der Arbeitgeber die Bestandskraft der Zulässigkeitserklärung nicht abwarten, sondern kann ungehindert dessen kündigen. Die Kündigung ist wirksam.
bb) Erhebt die Arbeitnehmerin dagegen Widerspruch oder Klage gegen die Zulässigkeitserklärung, bleiben sowohl diese als auch die ausgesprochene Kündigung schwebend wirksam. Endgültig wirksam werden sie erst, wenn Bestandskraft des Verwaltungsaktes eintritt (BAG 25.03.2004 Az. 2 AZR 295/03).

d) Rechtswirkung der Zulässigkeitserklärung

Wurde die Zulässigkeitserklärung durch die Behörde erteilt hat dies zur Folge, dass die Kündigungssperre des § 17 MuSchG aufgehoben ist. Ob darüber hinaus die Kündigung mit anderen Vorschriften des Kündigungsschutzes (außerhalb des Mutterschutzes) im Arbeitsrecht vereinbar ist, wird dagegen nicht von der behördlichen Zustimmung umfasst und bleibt im Streitfall der Entscheidung der Arbeitsgerichte überlassen.

4. Kündigung ohne Zustimmung

Wird eine Kündigung der Schwangeren ohne die erforderliche Zustimmung der zuständigen Behörde ausgesprochen, ist die Kündigung unheilbar nichtig. Die Nichtigkeit der Kündigung muss die Arbeitnehmerin dann selbst oder durch ihren Rechtsanwalt innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang, beim Arbeitsgericht geltend machen. Die Frist beginnt gemäß § 4 S. 4 KSchG erst dann mit Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung der Behörde an die Arbeitnehmerin, wenn diese dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zuvor mitgeteilt hat (BAG 19.02.2009 Az. 2 AZR 286/07).
Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht innerhalb dieser drei Wochen gerichtlich geltend gemacht, gilt die Kündigung grundsätzlich als von Anfang an wirksam.

Wusste die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung selbst noch nichts von ihrer Schwangerschaft, kann sie jedoch innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der Schwangerschaft die nachträgliche Zulassung der Klage beantragen (§ 5 Abs. 1 S. 2 KSchG). Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist jedoch, dass sie erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt. Hat sie unverschuldet erst kurz vor Ablauf der Frist des § 4 S. 1 KSchG von ihrer Schwangerschaft erfahren, kann ihr jedoch eine der neuen Situation geschuldete Überlegungsfrist von drei Tagen eingeräumt werden und ihr die Möglichkeit der nachträglichen Zulassung der Klage gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG offenstehen (LAG SH 13.05.2008 Az. 3 Ta 56/08).

§ 5 Abs. 1 S. 1 KSchG ist auch dann heranzuziehen, wenn der Arbeitnehmerin die Schwangerschaft bereits schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bekannt war. Dann muss sie oder der Rechtsanwalt allerdings vortragen können, dass sie an der rechtzeitigen Klageerhebung trotz Anwendung aller ihr nach der Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war.

B. Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit

Der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit weist in vielerlei Hinsicht Gemeinsamkeiten mit dem Kündigungsschutz nach § 17 MuSchG auf. Auch der Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG ist ein temporäres Kündigungsverbot im Arbeitsrecht, welches durch behördliche Zustimmung in besonderen Fällen aufgehoben werden kann.

1. Geltungsbereich des Sonderkündigungsschutzes bei Elternzeit

a) Geschützter Personenkreis bei der Elternzeit

Der Kündigungsschutz des BEEG gilt für alle in Voll- oder Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmer, soweit sie Elternzeit gemäß § 15 BEEG in Anspruch nehmen oder diesen Anspruch geltend gemacht haben. Maßgeblich ist die Elternzeitberechtigung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
Anders als § 17 MuSchG gilt der Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG nicht zwangsläufig nur für die leibliche Mutter des Kindes. Elternzeitberechtigte sind gemäß § 15 BEEG neben der Mutter beispielsweise auch der (Stief-)Vater, die Adoptiveltern oder die Großeltern des Kindes.

Jedoch hat nur derjenige Arbeitnehmer Anspruch auf Elternzeit, der eine Beziehung zum Kind dergestalt nachweisen kann, dass er mit dem Kind in einem Haushalt lebt und es selbst betreut und erzieht. Beantragt ein nicht sorgeberechtigter Elternteil die Elternzeit, muss der Sorgeberechtigte dem zugestimmt haben.

b) Art der Kündigung bei der Elternzeit

Der Kündigungsschutz gilt für alle Kündigungsformen des Arbeitgebers im Arbeitsrecht. Es umfasst sowohl ordentliche als auch außerordentliche Beendigungs- oder Änderungskündigungen. Andere Beendigungsmöglichkeiten als die der Arbeitgeberkündigung (z.B. Befristung, Aufhebungsvertrag oder Anfechtung) werden nicht umfasst.

c) Schriftform bei Inanspruchnahme der Elternzeit

Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum 3. Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie spätestens 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll (§ 16 Abs. 1 BEEG). Durch die Erklärung wird das Arbeitsverhältnis zum Ruhen gebracht. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht. Das Elternzeitverlangen erfordert die Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB). Es muss deshalb von dem Arbeitnehmer eigenhändig unterschrieben werden. Ein Telefax oder E-Mail wahren die Schriftform nicht und führen zur Nichtigkeit der Erklärung. Das hat zur Folge, dass auch der Kündigungsschutz nach § 18 BEEG nicht entsteht (BAG 10.05.2016 Az. 9 AZR 145/15).

d) Dauer des Kündigungsverbots bei Elternzeit

aa) Beginn des Kündigungsverbots

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn des Kündigungsschutzes ist gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG grundsätzlich der Tag der Geltendmachung der Elternzeit (§ 16 BEEG), frühestens jedoch der Zeitpunkt acht Wochen vor Beginn der Elternzeit. Die Elternzeit beginnt frühestens mit dem Tag der Geburt des Kindes, kann aber auch zu einem späteren Zeitpunkt beginnen, den die Berechtigten bestimmen können. Ab diesem Zeitpunkt darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht kündigen, unabhängig davon ab wann die Kündigung wirksam werden soll. Geht die Kündigung also während der Geltung des Kündigungsverbotes zu, soll aber erst in einem Zeitpunkt nach Ende des Kündigungsschutzes wirksam werden, steht auch dieser Kündigung der Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG entgegen.

Wird Elternzeit für mehrere Zeitabschnitte begehrt, gilt die Vorverlegung des Kündigungsschutzes um bis zu acht Wochen, nur für den ersten Zeitraum der Inanspruchnahme. Für spätere Zeiträume beginnt der Kündigungsschutz erst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Elternzeit selbst.
Wird eine Kündigung wegen der begehrten, aber noch nicht angetretenen Elternzeit erklärt, fällt diese Kündigung, wenn sie mehr als acht Wochen vor dem Beginn der Elternzeit erfolgt, nicht in den Schutz des § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG. Die Kündigung ist aber gemäß § 612a BGB nichtig, da sie gegen das Maßregelungsverbot im Arbeitsrecht verstößt, wonach ein Arbeitnehmer nicht dadurch benachteiligt werden darf, dass er seine ihm zustehenden Rechte in zulässiger Weise ausübt.

bb) Ende des Kündigungsverbots der Elternzeit

Das Kündigungsverbot endet mit der Elternzeit. Ein vorzeitiges Ende der Elternzeit, beispielsweise bei entsprechendem Wunsch des Arbeitnehmers, ist möglich und beendet damit auch den Kündigungsschutz. Verstirbt das Kind, endet die Elternzeit spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes (§ 16 Abs. 4 BEEG).
Einen nachwirkenden Kündigungsschutz gibt es bei der Elternzeit nicht. Anders als bei § 17 MuSchG, der den Kündigungsschutz für weitere vier Monate nach der Entbindung vorsieht, existiert eine solche Regelung für den Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG nicht.

cc) Unterrichtung des Arbeitgebers

Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von den Tatsachen, die den Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 BEEG auslösen, hat der Arbeitnehmer ihn (entsprechend der Regelung des § 17 MuSchG) binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung über die Tatsachen zu unterrichten. Tut er oder der Anwalt dies nicht, entfällt der Schutz des § 18 Abs. 1 BEEG.

2. Ausnahme vom Kündigungsverbot bei Elternzeit

Auch im Falle des Kündigungsschutzes nach § 18 Abs. 1 BEEG darf eine Kündigung ausnahmsweise dann ausgesprochen werden, wenn eine behördliche Zulässigkeitserklärung vorliegt. Zuständige Stelle für diese Erklärung ist, wie bei § 17 MuSchG, die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von dieser bestimmten Stelle.

Die Zulässigkeitserklärung der Kündigung kann ebenfalls nur dann erfolgen, wenn ein besonderer Fall vorliegt. Grundsätzlich kann auf die obigen Ausführungen zu § 17 MuSchG verwiesen werden. Jedoch muss beachtet werden, dass § 17 MuSchG über den § 18 BEEG hinausgeht. Wird beispielsweise bei § 17 MuSchG der Annahme eines besonderen Falls regelmäßig entgegenstehen, dass bei einer Kündigung mit psychosomatischer Störungen bei der Arbeitnehmerin und einer dadurch ausgelösten Gefährdung des ungeborenen Kindes gerechnet werden kann, greifen diese Überlegungen bei § 18 BEEG nicht. Bei der Beurteilung ob ein besonderer Fall vorliegt, muss daher stets der jeweilige Zweck des Kündigungsverbotes berücksichtigt werden.

3. Kündigung ohne Zustimmung

Auch hier gilt wie bei § 17 MuSchG, dass eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung der zuständigen Behörde unheilbar nichtig ist.
Möchte sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, muss er dies innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung selbst oder durch einen Rechtsanwalt in Form einer Klage gerichtlich geltend machen.
Der Arbeitnehmer kann das Recht der Berufung auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlender behördlicher Zustimmung allerdings verwirken, wenn er mit der Geltendmachung des Unwirksamkeitsgrundes längere Zeit wartet, der Arbeitgeber daher darauf vertrauen kann, dass die Geltendmachung nicht mehr erfolgt und es somit für den Arbeitgeber als unzumutbar erscheint, sich auf die Rüge der Verletzung des § 18 Abs. 1 BEEG noch einlassen zu müssen (BAG 10.01.1956 Az. 3 AZR 245/54).

C. Zusammentreffen von § 17 MuSchG und § 18 BEEG

Es gibt Konstellationen, in denen die arbeitsrechtlichen Sonderkündigungsvorschriften des MuSchG und des BEEG zusammentreffen. Dies ist freilich nur dann möglich, wenn die Elternzeitberechtigte identisch mit der leiblichen Mutter ist. Wird eine Arbeitnehmerin während der Elternzeit also erneut schwanger, bestehen die Kündigungsverbote gemäß § 17 MuSchG und § 18 BEEG im Arbeitsrecht nebeneinander.
Wird der Arbeitnehmerin innerhalb der Geltungsdauer des Kündigungsschutzes gekündigt, muss beachtet werden, dass sowohl für § 17 MuSchG als auch für § 18 BEEG eine jeweils eigenständige Zulässigkeitserklärung der Behörde vorliegen muss (BAG 31.03.1993 Az. 2 AZR 595/92). Fehlt es bei einer dieser Kündigungen an der Zulässigkeitserklärung, ist diese Kündigung unwirksam.