Kündigung im Kleinbetrieb

Anwalt Kündigung im Kleinbetrieb im Arbeitsrecht
Die Kündigung im Kleinbetrieb im Arbeitsrecht

Eine Kündigung im Kleinbetrieb liegt im Arbeitsrecht vor, wenn in einem Unternehmen weniger als 10,25 Arbeitnehmer beschäftigt werden oder das Arbeitsverhältnis noch keine 6 Monate bestanden hat. In diesem Fall findet der allgemeine Kündigungsschutz des KSchG keine Anwendung. Aber auch wenn auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann eine Kündigung im Kleinbetrieb oder in der Probezeit unwirksam sein. Wann das der Fall sein kann, wollen wir als Rechtsanwälte für Arbeitsrecht nachfolgend erläutern.

1. Einhaltung der allgemeinen Formalien an eine Kündigung im Kleinbetrieb

Zunächst ist die durch den Anwalt zu prüfen, ob die allgemeinen Anforderungen an eine Kündigung im Arbeitsrecht eingehalten sind. So muss auch die Kündigung im Kleinbetrieb z.B. der Schriftform entsprechen, mit der richtigen Kündigungsfrist ausgesprochen werden, darf nicht unter einer Bedingung erfolgen und die Besonderheiten bei einer Kündigung eines Vertreters sind zu beachten.

2. Sittenwidrigkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb § 138 BGB

Eine sittenwidrige Kündigung liegt vor, wenn sie dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen widerspricht. Das ist im Arbeitsrecht etwa der Fall, wenn die Kündigung auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden beruht, wie es bei Rachsucht oder Vergeltung der Fall ist. Eine sittenwidrige Kündigung ist auch in einem Kleinbetrieb auf den das KSchG keine Anwendung findet, oder in der Probezeit, nichtig (§ 138 BGB).

Verstößt die Kündigung nicht bereits dem Inhalt nach gegen die guten Sitten, muss ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, welches diesem zum Vorwurf gemacht werden kann. Hierfür genügt es nicht, dass vertragliche Pflichten verletzt werden. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann. Eine Kündigung verstößt nur gegen die guten Sitten, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind
Die Kündigung ist nicht willkürlich, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für sie vorliegt. Ein solcher Grund ist bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar sind (BAG 05.12.2019 Az. 2 AZR 107/19).

Wird z.B. das Arbeitsverhältnis allein deshalb durch Kündigung im Kleinbetrieb oder in der Probezeit beendet, weil der Arbeitnehmer ihm zustehende Ansprüche geltend macht, dann ist eine solche Kündigung sittenwidrig und nichtig (BAG 14.12.2004 Az. 9 AZR 23/04).
Auch wenn die Kündigung wegen eines Arbeitsunfalles des Arbeitnehmers erfolgt, den der Arbeitgeber bedingt vorsätzlich herbeigeführt hat, ist die Kündigung wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

3. Verstoß gegen Treu und Glauben § 242 BGB

Als treuwidrig sind solche Kündigungen im Arbeitsrecht anzusehen, die nicht unter Umständen erfolgen, die schon von § 1 KSchG erfasst sind, aber unter den Erscheinungsformen von Treu und Glauben zu erfassen sind, wie z.B. widersprüchliches Verhalten. Die Anwendung des § 242 BGB darf deshalb nicht dazu führen, den Kündigungsschutz des KSchG auch auf solche Arbeitnehmer auszudehnen, die nicht dem KSchG unterfallen. Die Anwendung erfolgt deshalb vor allem für eine Kündigung im Kleinbetrieb oder in der Probezeit.
Eine treuwidrige Kündigung ist nicht schon anzunehmen, weil der Arbeitgeber seine Kündigung im Kleinbetrieb nicht begründet hat, da der Arbeitgeber auch im Kleinbetrieb seine Kündigung nicht begründen muss.

a) Keine Auswahlentscheidung bei betriebsbedingter Kündigung im Kleinbetrieb

Eine treuwidrige betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb liegt vor, wenn sie auf einer Auswahlentscheidung des Arbeitgebers beruht, die jede soziale Rücksichtnahme vermissen lässt (BAG 16.01.2003 Az. 2 AZR 609/01). Das ist der Fall, wenn der gekündigte Arbeitnehmer über eine erheblich längere Betriebszugehörigkeit verfügt, der nicht gekündigte Arbeitnehmer noch in der Probezeit ist und der Arbeitgeber bzw. der Rechtsanwalt im Arbeitsrechtsstreit nicht in der Lage ist, die Gründe darzulegen, die zu Ungunsten des entlassenen Arbeitnehmers sprechen. Voraussetzung eines solchen Auswahlfehlers ist jedoch, dass die Arbeitnehmer untereinander vergleichbar sind (Hess. LAG 22.01.2007 Az. 17 Sa 1318/06).
Aus dem Vorbringen des Arbeitnehmers oder Anwalts im Arbeitsrechtsstreit muss sich dabei auf den ersten Blick ergeben, dass der Arbeitgeber wusste, die vergleichbaren Arbeitnehmer seien austauschbar (BAG 06.02.2003 Az. 2 AZR 672/01).

Liegt aber der Kündigung im Kleinbetrieb gar keine Auswahlentscheidung zu Grunde, sondern ist der Arbeitgeber nur unzufrieden mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, dann ist die Kündigung nicht treuwidrig. Es ist auch nicht treuwidrig, einem Arbeitnehmer während oder wegen einer Krankheit zu kündigen. Ebenso ist eine Auswahlentscheidung nicht treuwidrig, wenn der Arbeitgeber im Kleinbetrieb einem an sich schutzwürdigerem Arbeitnehmer kündigt, der aber häufig unpünktlich ist (BAG 28.10.2010 Az. 2 AZR 392/08).

b) Probezeitkündigung und Wartezeitkündigung

Bei einer Kündigung in der Probezeit oder vor Ablauf der Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KSchG, gilt das KSchG nicht. Auch hier ist eine Kündigung im Kleinbetrieb durch den Rechtsanwalt im Arbeitsrecht daraufhin zu überprüfen, ob sie auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruht. Das ist allerdings nicht der Fall, wenn die Kündigung auf einem irgendwie einleuchtenden Grund beruht.

aa) Wartezeitkündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung vor Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten setzt i.d.R. keine Abmahnung voraus (BAG 21.02.2001 Az. 2 AZR 579/99). Auch auf eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz kommt es nicht an und vor Ablauf der Wartezeit muss auch kein BEM-Verfahren durchgeführt werden (BAG 24.01.2008 Az. 6 AZR 96/07).

bb) Probezeitkündigung

Eine Probezeitkündigung ist treuwidrig, wenn der Arbeitgeber eine unzulässige Frage nach einem erledigten Ermittlungsverfahren gestellt hat, die zulässigerweise nicht wahrheitsgemäß beantwortet wurde (BAG 15.11.2012 Az. 6 AZR 339/11).

c) Widersprüchliches Verhalten

Als ein widersprüchliches Verhalten ist es im Arbeitsrecht anzusehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darin bestärkt, das Arbeitsverhältnis werde fortgesetzt und dann plötzlich kündigt. Das gilt ebenso, wenn der Arbeitnehmer seine eigene fristlose Kündigung mangels wichtigen Grundes für unwirksam hält. Das gilt für alle Kündigungen im Arbeitsrecht und damit auch für Kündigungen im Kleinbetrieb.
Erhebt aber der Arbeitnehmer oder sein Anwalt eine Entfristungsklage, ist es nicht widersprüchlich, wenn der Arbeitgeber daraufhin das Arbeitsverhältnis vorsorglich kündigt. Der Arbeitgeber macht damit nur von seiner Kündigungsmöglichkeit gem. § 16 TzBfG Gebrauch (BAG 22.09.2005 Az. 6 AZR 607/04).
In einem Kleinbetrieb kann auch ausnahmsweise eine Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung erforderlich sein, wenn sich der Arbeitgeber ansonsten mit einer Kündigung in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzen würde (BAG 21.02.2001 Az. 2 AZR 579/99).

aa) Verzeihung der Kündigung

Erklärt der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, er werde einen bestimmten Sachverhalt nicht zum Anlass einer Kündigung nehmen, dann verstößt eine später dennoch erklärte fristlose Kündigung gegen sein früheres Verhalten. Ein Kündigungsgrund kann so verziehen werden und ist damit verwirkt (BAG 26.09.2013 Az. 2 AZR 741/12). Der Kündigungsgrund muss auch nicht ausdrücklich verziehen werden. In der stillschweigenden Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann auch eine stillschweigende Verzeihung liegen. Da die Verzeihung, im Gegensatz zum Verzicht, ein innerer Vorgang ist, setzt die Verzeihung nur voraus, dass der Kündigungsberechtigte den Willen hat, den Vorfall nicht mehr als Kündigungsgrund anzusehen. Die Verzeihung erfordert deshalb keine ausdrückliche Willenserklärung, wie das beim Verzicht der Fall wäre (BAG 26.11.2009 Az. 2 AZR 751/08).

bb) Verwirkung der Kündigung

Sowohl das ordentliche als auch das außerordentliche Kündigungsrecht kann im Arbeitsrecht auch verwirken. Die Verwirkung des Kündigungsrechts erfordert ein Zeit- und ein Umstandsmoment. Die Verwirkung setzt neben dem Zeitablauf einen Umstand voraus, nach dem der Kündigungsberechtigte ein Verhalten an den Tag gelegt hat, aus dem der Kündigungsempfänger schlussfolgern konnte, er werde sein Kündigungsrecht nicht mehr geltend machen. Danach verwirkt das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung, wenn er in Kenntnis eines Kündigungsgrundes längere Zeit untätig bleibt, und die Kündigung nicht ausspricht, obwohl ihm dies möglich wäre (Zeitmoment).
Dadurch muss er beim Arbeitnehmer das berechtigte Vertrauen erwecken, die Kündigung werde unterbleiben, weshalb sich der Arbeitnehmer auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einrichtet (Umstandsmoment). Eine gleichwohl erklärte Kündigung im Kleinbetrieb würde dann eine unzulässige Rechtsausübung darstellen und wäre nach Treu und Glauben unwirksam. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (BAG 15.08.2002 Az. 2 AZR 514/01).

cc) Arbeitnehmerkündigung

Spricht der Arbeitnehmer mündlich eine fristlose Kündigung aus, kann er sich später nicht darauf berufen, es sei kein wichtiger Grund vorhanden und die Kündigung entspräche nicht der Schriftform. Auch auf die Unwirksamkeit einer schriftlich erklärten fristlosen Eigenkündigung kann sich der Arbeitnehmer nicht berufen. Ein solches Verhalten ist treuwidrig (BAG 09.06.2011 Az. 2 AZR 418/10).

d) Ungehörige Kündigung

Treuwidrig ist eine Kündigung auch im Kleinbetrieb, wenn sie in verletzender Form erfolgt. Damit werden Kündigungen im Arbeitsrecht erfasst, die nach der Art und Weise der Kündigung oder durch das Verhalten bei Ausspruch der Kündigung oder durch den Zeitpunkt der Kündigung, gegen Treu und Glauben verstoßen.

aa) Beleidigende Kündigung

Die Kündigung verstößt z.B. auch wenn sie berechtigt ist, gegen Treu und Glauben, wenn sie in beleidigender Form erklärt wird. Eine beleidigende Ausdrucksweise ist nicht mehr durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt. Eine solche Kündigung ist auch im Kleinbetrieb ungehörig.

bb) Kündigung zur Unzeit

Grundsätzlich kann eine Kündigung auch im Kleinbetrieb zu jeder Zeit und an jedem Ort erklärt werden. Eine Kündigung, die wegen der Zeit oder des Ortes als ungehörig oder anstößig empfunden wird, ist jedoch treuwidrig. Dies setzt jedoch neben der „Unzeit“ der Kündigung weitere Umstände voraus, etwa dass der Arbeitgeber absichtlich einen Kündigungszeitpunkt wählt, der den Arbeitnehmer besonders beeinträchtigt. Da ist z. B. der Fall, wenn die Kündigung zur Beerdigung des Lebensgefährten der Arbeitnehmerin überreicht wird (BAG 05.04.2001 Az. 2 AZR 185/00).
Eine Kündigung am Heiligabend, nach dem Tod des Lebensgefährten oder nach einer Fehlgeburt, ist deshalb noch nicht treuwidrig. Die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses kann auch noch am letzten Tag der Probezeit ausgesprochen werden (BAG 08.12.2011 Az. 6 AZR 354/10).

e) Rechtsmissbräuchliche Kündigung

Eine rechtsmissbräuchliche Kündigung liegt im Arbeitsrecht vor, wenn die Kündigung erfolgt, um ein anderes vertragsfremdes oder unlauteres Ziel zu erreichen (BGH 09.07.2007 Az. II ZR 95/06).

f) Klagefrist, Darlegungs- und Beweislast

Die Klage wegen Treuwidrigkeit einer Kündigung ist auch bei einem Kleinbetrieb durch den Rechtsanwalt innerhalb der Dreiwochenfrist des § 13 Abs. 3 KSchG zu erheben.
Dabei hat der Anwalt die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung ergibt. Kennt er die Kündigungsgründe nicht, kann es im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zunächst ausreichen, wenn der Rechtsanwalt die Umstände vorträgt, die die Kündigung als treuwidrig erscheinen lassen. Der Arbeitgeber oder sein Anwalt muss sodann diesen Vortrag entkräften. Kommt der Arbeitgeberanwalt seiner sekundären Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Vortrag des Arbeitnehmers als zugestanden (BAG 28.08.2008 Az. 2 AZR 101/07). Entkräftet aber der Arbeitgeberanwalt den Vortrag, dann muss der Arbeitnehmer den Vollbeweis der Treuwidrigkeit der Kündigung erbringen.

4. Verstoß gegen das Maßregelungsverbot

Gem. § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Maßnahme die den Arbeitnehmer benachteiligt ist auch eine Kündigung. Das Maßregelungsverbot gilt für alle Arbeitnehmer und auch in Kleinbetrieben. Eine Kündigung, die gegen das Maßregelungsverbot im Arbeitsrecht verstößt, ist gem. § 134 BGB nichtig.

a) Beispiele für das Maßregelungsverbot bei Kündigung im Kleinbetrieb

Droht der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer trotz Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeitsleistung erscheint und kündigt er tatsächlich als dieser Fall eintritt, dann indiziert das einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot (BAG 23.04.2009 Az. 6 AZR 189/08). Auch wenn eine Kündigung erfolgt, weil der Arbeitnehmer Lohnrückstände einklagt, liegt ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor (BAG 09.02.1995 Az. 2 AZR 389/94) oder wenn sich der Arbeitnehmer gewerkschaftlich betätigt (BAG 21.09.2011 Az. 7 AZR 150/10).

b) Klagefrist, Darlegungs- und Beweislast

Bei Kündigungen, die gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, ist auch im Kleinbetrieb durch den Rechtsanwalt innerhalb einer Dreiwochenfrist nach Zugang der Kündigung Klage zu erheben (§ 13 Abs. 3 KSchG). Der Arbeitnehmeranwalt hat vorzutragen und zu beweisen, dass die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot verstößt. Ergibt das Vorbringen des Anwalts einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot, muss der Arbeitgeber oder sein Anwalt dieses entkräften und andere Gründe für sein Verhalten darlegen (BAG 11.08.1992 Az. 1 AZR 103/92).

5. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Die Diskriminierungsverbote des AGG sind im Arbeitsrecht auch bei Kündigungen außerhalb des KSchG und auch bei einer Kündigung im Kleinbetrieb zu beachten. Eine ordentliche Kündigung, durch die ein Arbeitnehmer diskriminiert wird, ist gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 1, 3, 7 Abs. 1 AGG unwirksam.

a) Benachteiligung wegen des Geschlechts

Eine Kündigung im Kleinbetrieb gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin ist unwirksam und kann einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auslösen. Ferner indiziert ein Verstoß gegen das Kündigungsverbot einer Schwangeren die Benachteiligung wegen einer Schwangerschaft und damit wegen des Geschlechts (BAG 12.12.2013 Az. 8 AZR 838/12, § 3 Abs. 1 AGG).

b) Benachteiligung wegen einer Behinderung

Stellt sich heraus, dass der Arbeitnehmer für die vorgesehene Beschäftigung in einem Reinraumlabor aufgrund einer symptomlosen HIV-Infektion ungeeignet ist, kann die daraufhin in der Wartezeit ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot aufgrund einer Behinderung unwirksam sein (BAG 19.12.2013 Az. 6 AZR 190/12).

c) Benachteiligung wegen des Alters

Auch eine altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb ist nach § 134 BGB i.V.m. §§ 1, 3, 7 Abs. 1 AGG unwirksam. Eine solche Altersdiskriminierung kann vermutet werden, wenn der Arbeitgeber die „Pensionsberechtigung“ des Arbeitnehmers in dem Kündigungsschreiben erwähnt (§ 22 AGG). Die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Lebensalters kann im Arbeitsrechtsstreit durch den Arbeitgeber oder den Rechtsanwalt nur durch den Vollbeweis von Tatsachen widerlegt werden, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe als das Alter waren, die zur Kündigung geführt haben. Gelingt es dem Arbeitgeber oder Anwalt nicht, die Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung unwirksam, wenn die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nicht gem. §§ 8, 10 AGG zulässig ist (BAG 23.07.2015 Az. 6 AZR 457/14).

d) Klagefrist, Darlegungs- und Beweislast

Auch im Geltungsbereich des AGG sind Kündigungen innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG anzugreifen, ansonsten gilt die Kündigung gem. § 7 KSchG als wirksam. Der Arbeitnehmeranwalt muss gem. § 22 AGG lediglich Indizien vortragen, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Hat der Arbeitnehmeranwalt dargelegt und bewiesen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Benachteiligung nach § 1 AGG auszugehen ist, trifft den Arbeitgeberanwalt die volle Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvorliegen einer Diskriminierung.