Dienstwagenvereinbarung

Rechtsanwalt Dienstwagenvereinbarung Arbeitsrecht
Dienstwagenvereinbarung im Arbeitsrecht

Eine Dienstwagenvereinbarung im Arbeitsrecht hat in aller Regel die private Nutzung eines Dienstwagens zum Inhalt. Die Probleme, bei denen oft ein Rechtsanwalt benötigt wird beginnen dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird und der Dienstwagen zurückverlangt wird.

1. Private Dienstwagennutzung als Sachbezug

Der Arbeitgeber hat das für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers geschuldete Arbeitsentgelt grundsätzlich in Geld zu bezahlen. § 107 Abs. 2 GewO regelt jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz dahingehend, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Leistungen zukommen lassen kann, welche als unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung in anderer Form als in Geld erbracht werden (BAG 24.03.2009, Az. 9 AZR 733/07). Ein solcher Sachbezug muss im Arbeitsrecht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden und ist immer dann zulässig, wenn er dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht.

Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung stellt zudem im Steuerrecht einen geldwerten Vorteil dar, der steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts ist. Ein solcher Sachbezug ist bereits dann gegeben, wenn der Dienstwagen vom Arbeitnehmer allein für den Arbeitsweg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte privat genutzt wird (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG). Wird der Dienstwagen dagegen nur im Rahmen der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zur Nutzung überlassen und dadurch lediglich ein Interesse des Arbeitgebers wahrgenommen, stellt das keinen Sachbezug dar, da die Bereitstellung des Dienstwagens dann nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung anzusehen ist (z. B. Überlassung eines Fahrzeugs bei Rufbereitschaft (BFH 25.05.2000, Az. VI R 195/98).

2. Vereinbarung der privaten Dienstwagennutzung

Inwieweit ein Dienstwagen privat genutzt werden darf, richtet sich nach der Dienstwagenvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine solche Dienstwagenvereinbarung kann im Arbeitsrecht individuell zwischen den Vertragsparteien erfolgen oder auch im Rahmen einer Gesamtzusage, wenn z. B. der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer, welcher bestimmte Voraussetzungen erfüllt, ein Dienstfahrzeug auch zur Privatnutzung zur Verfügung stellt. Die Vereinbarung über die Privatnutzung muss nicht zwangsläufig offenkundig sein. Vielmehr kann auch eine stillschweigende Dienstwagenvereinbarung vorliegen, z. B. wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug am Wochenende mit nach Hause nehmen und dort privat nutzen kann, ohne dass der Arbeitgeber einen Kostenanteil fordert (LAG RP 19.11.1996, Az. 4 Sa 733/96).

a) Inhalt der Dienstwagenvereinbarung

Um Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden kann man als Rechtsanwalt nur dazu raten, die Dienstwagenvereinbarung so genau wie möglich zu fassen, so dass aus ihr beispielsweise hervorgeht welches Fahrzeug (Fabrikat, Kategorie, Ausstattung usw.) der Arbeitgeber schuldet und zu welchem Zweck es dem Arbeitnehmer überlassen wird. Ferner wann das Nutzungsrecht des Arbeitnehmers endet bzw. der Wagen an den Arbeitgeber herausgegeben werden muss oder wer im Falle von Unfallschäden haftet. Zudem kann in der Dienstwagenvereinbarung geregelt werden, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber wegen der privaten Nutzungsmöglichkeit ein Entgelt zu entrichten hat.

b) Widerrufsvorbehalt

Es kann auch im Arbeitsrecht vertraglich vereinbart werden, dass die Erlaubnis zur privaten Nutzung des Dienstwagens durch den Arbeitgeber widerrufen werden kann. Das Widerrufsrecht muss dabei jedoch an einen Sachgrund gebunden sein. Der Widerrufsvorbehalt muss derart konkretisiert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen er mit einem Widerruf zu rechnen hat. (BAG 13.04.2010, Az. 9 AZR 113/09). Ein Widerrufsvorbehalt wonach der Widerruf „jederzeit“ möglich sein soll, ist daher unwirksam, da er gerade nicht an einen Sachgrund gebunden ist und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (BAG 19.12.2006, Az. 9 AZR 294/06).

3. Rechte und Haftung des Arbeitnehmers

a) Schadensersatz

Wurde die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, kann der Arbeitnehmer Schadensersatz vom Arbeitgeber verlangen, wenn dieser ihm die private Nutzung des Dienstfahrzeugs entzieht (BAG 27.05.1999, Az. 8 AZR 415/98). Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung ist auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 Prozent des Listenpreises des PKW im Zeitpunkt der Erstzulassung zu berechnen (BAG 21.03.2012 Az. 5 AZR 651/10).

b) Ersatzbeschaffung

Zudem hat der Arbeitnehmer im Arbeitsrecht einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Ersatzbeschaffung, wenn das ursprünglich überlassene Fahrzeug aufgrund Alters, Abnutzung oder wirtschaftlichen Totalschadens nicht mehr nutzbar ist. Wurde die Ersatzbeschaffung vertraglich geregelt, ergibt sich aus der Dienstwagenvereinbarung, welches Fahrzeug ersatzweise anzuschaffen ist. Fehlt es an einer vertraglichen Regelung, hat eine Ersatzbeschaffung nach billigem Ermessen des Arbeitgebers zu erfolgen.

c) Haftung

Wurde das Fahrzeug zur privaten Nutzung im Rahmen einer Dienstwagenvereinbarung überlassen und ereignet sich während der Privatnutzung ein Unfall, kann sich der Arbeitnehmer nicht auf die Haftungserleichterung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses berufen. Auf die erleichterte Arbeitnehmerhaftung kann sich der Arbeitnehmer im Arbeitsrecht nur berufen, wenn sich der Unfall während der Wahrnehmung einer betrieblichen Tätigkeit ereignet hat (LAG Kn. 15.09.1998, Az. 13 Sa 367/98).

4. Rückgabepflicht des Dienstwagens

Das Rechtsproblem, bei dem häufig ein Rechtsanwalt benötigt wird ist die Beantwortung der Frage, wann den Arbeitnehmer eine Rückgabepflicht bezüglich des Fahrzeugs trifft.

a) Arbeitsunfähigkeit

Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig, berührt das zunächst das Recht zur privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs nicht. Erst wenn das Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums erreicht ist, ist der Arbeitnehmer zur Herausgabe des Fahrzeugs verpflichtet, zumindest dann, wenn sich aus einer Dienstwagenvereinbarung nichts anderes ergibt. Der Dienstwagen zur privaten Nutzung ist als Sachbezug Teil des vom Arbeitgeber geschuldeten Arbeitsentgelts. Daher ist der Arbeitgeber nur solange zur Bereitstellung des Fahrzeugs im Arbeitsrecht verpflichtet, wie er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist (BAG 14.12.2010, Az. 9 AZR 631/09).

b) Urlaub

Wird dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Dienstwagens gestattet, umfasst das auch die private Nutzung während des Urlaubs des Arbeitnehmers. Wird dem Arbeitnehmer die als Sachbezug gewährte Nutzung während des Urlaubs dennoch entzogen, hat der Arbeitgeber für die Dauer des Urlaubs den Sachbezug angemessen in bar abzugelten (§ 11 Abs. 1 S. 4 BurlG).

c) Mutterschutz

Einer Arbeitnehmerin, der die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs vom Arbeitgeber in der Dienstwagenvereinbarung gestattet wurde, steht diese Nutzung auch während der Mutterschutzfristen gemäß §§ 3, 4, 6 MuSchG weiterhin zu. Der vom Arbeitgeber gemäß § 20 MuSchG zu entrichtende Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kann nämlich auch in der Art erfolgen, dass Sachbezüge weitergewährt werden, wenn diese in den letzten drei Monaten vor Beginn der Mutterschutzfristen Teil des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmerin waren (BAG 11.10.2000, Az. 5 AZR 240/99).

d) Widerruf

Die Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeugs besteht im Arbeitsrecht dann, wenn ein wirksamer Widerrufsvorbehalt für die Privatnutzung vereinbart wurde und der Arbeitgeber diesen Widerruf, gestützt auf das Vorliegen eines Sachgrundes erklärt und den Wagen herausverlangt. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn nach dem Willen der Vertragsparteien die dienstliche Nutzung des Fahrzeugs im Vordergrund steht und vertraglich vereinbart wurde, dass dem Arbeitnehmer die private Nutzungsmöglichkeit entzogen werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Nutzung des Fahrzeugs für Dienstreisen entfallen (BAG 17.09.1998, Az. 8 AZR 791/96).
Liegt eine wirksame Ausübung des Widerrufsrechts vor, genügt das um dem Arbeitgeber die private Nutzung zu entziehen. Einer zusätzlichen Änderungskündigung bedarf es zumindest dann nicht, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit des Dienstfahrzeugs das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend gestört wird. Eine solche Störung liegt dann nicht vor, wenn weniger als 25% des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG 19.12.2006, Az. 9 AZR 294/06).

e) Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Recht zur Nutzung des Dienstwagens endet im Arbeitsrecht grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also z.B. mit dem Ablauf der Kündigungsfrist. War dem Arbeitnehmer die private Nutzung in der Dienstwagenvereinbarung nicht gestattet, kann der Arbeitgeber die Herausgabe des Wagens jederzeit verlangen (BAG 17.09.1998, Az. 8 AZR 175/97).

aa) Kündigung

Durfte der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses den Dienstwagen dagegen auch privat nutzen und wird das Arbeitsverhältnis gekündigt, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber das Fahrzeug mit Ablauf der Kündigungsfrist herauszugeben.
Ist im Arbeitsvertrag vereinbart, dass der privat nutzbare Dienstwagen schon im Falle der Freistellung in der Kündigungsfrist herauszugeben ist, dann ist eine solche Regelung wirksam. Die gebotene Interessenabwägung kann jedoch ergeben, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen nur unter Einräumung einer Auslauffrist zurückfordern darf (BAG 21.03.2012 Az. 5 AZR 651/10).

bb) Kündigungsschutzklage

Hat der Arbeitnehmer oder sein Rechtsanwalt gegen eine Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer während des laufenden Kündigungsschutzprozesses dem Herausgabeverlangen des Arbeitgebers bezüglich des Dienstfahrzeugs, welches auch zur privaten Nutzung überlassen wurde, nachkommen muss. Fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung ist für die Beantwortung dieser Frage maßgeblich, ob der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses einen Weiterbeschäftigungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber hat.

(1) Gesetzlicher Weiterbeschäftigungsanspruch

Ein gesetzlicher Weiterbeschäftigungsanspruch ist im Arbeitsrecht in § 102 Abs. 5 BetrVG geregelt. Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung wenn der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, der Betriebsrat dieser Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen und der Arbeitnehmer oder sein Anwalt Kündigungsschutzklage erhoben hat. Gibt es keinen Betriebsrat oder liegt eine der erforderlichen Voraussetzungen nicht vor, findet der gesetzliche Weiterbeschäftigungsanspruch keine Anwendung.

(2) Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch nach der Rechtsprechung des BAG

Wo der gesetzliche Weiterbeschäftigungsanspruch im Arbeitsrecht nicht greift, besteht die Möglichkeit eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs. Jedoch besteht dieser nur dann, wenn dem Beschäftigungsanspruch keine im Einzelfall überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Im Rahmen einer Abwägung der jeweiligen Interessen der Arbeitsvertragsparteien kommt es letztlich darauf an, ob die ausgesprochene Kündigung offensichtlich unwirksam war.

Offensichtliche Unwirksamkeit liegt vor, wenn kein ernstzunehmender Zweifel an dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses besteht, so dass das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung überwiegt. Eine solche offensichtliche Unwirksamkeit liegt aber nur dann vor, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers oder des Rechtsanwalts ohne Beweiserhebung und ohne dass ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre, jedem Kundigen die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen muss. Es muss also die Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegen (BAG GS 27.02.1985, Az. GS 1/84). Offensichtliche Unwirksamkeit kann demnach dann vorliegen, wenn die Kündigung auf den gleichen Vorfall gestützt wird, wegen dem bereits eine Abmahnung ausgesprochen wurde (LAG Hm. 09.11.2010, Az. 12 Sa 1376/10). Mit dem Ausspruch der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber zugleich auf das Recht zur Kündigung aus diesem zur Abmahnung führenden Grund (BAG 13.12.2007, Az. 6 AZR 145/07).

Ist eine solche offensichtliche Unwirksamkeit nicht gegeben, überwiegt aufgrund des unklaren Prozessausgangs und der damit verbundenen Risiken ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses nicht weiter zu beschäftigen. Daher besteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch mit Ausnahme der Fälle der offensichtlichen Unwirksamkeit, in der ersten Instanz in der Regel nicht, da bis zur erstinstanzlichen Entscheidung eine Ungewissheit über die objektive Rechtslage und den Ausgang des Prozesses vorliegt (BAG GS 27.02.1985, Az. GS 1/84).

(3) Anwendung auf Dienstwagen

Besteht im Arbeitsrecht ein gesetzlicher oder allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch, bewirkt dies, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen muss. Von diesen Arbeitsbedingungen wird auch die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs umfasst, wenn sie dem Arbeitnehmer vor der Kündigung gestattet wurde.
Im Falle eines Weiterbeschäftigungsanspruches kann der Arbeitnehmer also ein im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zur privaten Verfügung gestelltes Fahrzeug weiter nutzen, so dass der Arbeitnehmer die Herausgabe verweigern kann. Bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess obsiegt und dadurch auch einen Anspruch auf die weitere Zurverfügungstellung des Fahrzeugs hat. In dieser Fallkonstellation muss der Arbeitnehmer dem Herausgabeverlangen des Arbeitgebers keine Folge leisten (LAG Hm. 09.11.2010, Az. 12 Sa 1376/10). Besteht dagegen kein Weiterbeschäftigungsanspruch, muss der Arbeitnehmer das überlassene Dienstfahrzeug herausgeben (LAG Mü. 11.09.2002, Az. 9 Sa 315/02).