Schmerzensgeld

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Schmerzensgeld als Schadensposition nach einem Verkehrsunfall

Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall

Zu den Ersatzansprüchen bei Verletzungen nach einem Verkehrsunfall, zu denen ein Rechtsanwalt im Verkehrsrecht zu Rate gezogen wird, gehört auch das Schmerzensgeld. Das Schmerzensgeld soll Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens ausgleichen. Es soll also einen immateriellen Schaden ersetzen.
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Art der erlittenen Verletzungen, der Intensität der Schmerzen, dem Umfang und der Anzahl operativer Maßnahmen, der Dauer und dem Grad der Minderung der Erwerbstätigkeit sowie nach dem Vorhandensein etwaiger Dauerschäden. Schmerzensgelderhöhend kann sich auch der Verlust von Lebensfreuden auswirken wie z.B. Sport oder ein Urlaub. Wann ein Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall verlangt werden kann, wollen wir als Rechtsanwälte für Verkehrsrecht nachfolgend erläutern.

1. Voraussetzungen für ein Schmerzensgeld

Die rechtliche Grundlage für einen Schmerzensgeldanspruch ist § 253 Abs. 2 BGB. Danach kann wegen einer Rechtsgutsverletzung eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

a) Verletzung eines Rechtsgutes

Eine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung sind Rechtsgutsverletzungen, die einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen können. Im Bereich des Verkehrsrechts und hier insbesondere des Verkehrszivilrechts ist der häufigste Fall, in dem Schmerzensgeld verlangt werden kann, die Verletzung der körperlichen Integrität nach einem Verkehrsunfall. Typische Verletzungen, die ein Schmerzensgeld im Verkehrsrecht nach sich ziehen sind das „Schleudertrauma“, Schnittwunden und Brüche, die aufgrund eines Verkehrsunfalls entstehen.

b) Höhe des Schmerzensgeldes

Liegt eine Rechtsgutsverletzung vor, kann der Geschädigte oder ein beauftragter Rechtsanwalt, eine billige Entschädigung in Geld fordern. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Schadensfall prägen.

aa) Faktoren für die Höhe des Schmerzensgeldes

Typische Faktoren, die bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden sind:
-Art und Dauer der Schmerzen,
-Umfang und Anzahl operativer Maßnahmen,
-Dauer einer etwaigen Krankenhausbehandlung,
-Art und Umfang der medizinischen Therapie und
-Dauer und Grad der Arbeitsunfähigkeit.
Umso schwerer die jeweilige Verletzung ist und umso länger die Genesung des Geschädigten dauert, umso höher wird das jeweilige Schmerzensgeld also ausfallen.
Sogenannte Bagatellverletzungen, also sehr kleine Verletzungen, wie Beulen oder blaue Flecke, rechtfertigen kein Schmerzensgeld, wenn diese nur geringfügig sind, von diesen keine wesentlichen Beeinträchtigungen ausgehen und keine Folgeschäden zu erwarten sind.

bb) Dauerschäden

Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes sind Dauerschäden oder dauernde Entstellungen sowie psychische Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. So ist es zum Beispiel anerkannt, dass Narben für einen Menschen verminderte Heiratschancen bedeuten können. Bei einer Beckenverletzung einer Frau ist bei der Höhe des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, wenn durch die Verletzung Probleme bei einer Geburt auftreten können.

cc) Soziale Belastungen

Soziale Belastungen, wie Störung der Ausbildung, Beeinträchtigungen im gesellschaftlichen Leben, oder Aufgabe eines Sports sind ebenfalls Umstände, die bei der Höhe des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden müssen.
Auch das Alter des Verletzten spielt eine Rolle. Junge Menschen können mehr Schmerzensgeld beanspruchen, da diese noch länger unter den Verletzungsfolgen zu leiden haben. Andererseits kann sich auch ein hohes Alter schmerzensgelderhöhend auswirken, weil sich gerade dann die Folgen einer Verletzung besonders schwerwiegend auswirken können.
Die individuelle Situation des Betroffenen kann ebenfalls eine Rolle spielen. So erhält ein Pianist bei Verlust eines oder mehrerer Finger mehr Schmerzensgeld als ein Fernfahrer, da die berufliche Einschränkung bei dem Pianisten wesentlich höher ist.

Wie hoch das Schmerzensgeld am Ende sein wird, ist also stark einzelfallabhängig. Es kommt darauf an, wie schwerwiegend die Verletzung ist, ob Dauerschäden vorliegen und mit welcher Schuld der Schädiger gehandelt hat.
Im deutschen Recht sind Millionenbeträge an Schmerzensgeld, wie zum Beispiel in den USA nicht üblich. In einem Fall, den das LG Kiel (Az. 6 O 13/03) zu entscheiden hatte, war ein 3 ½ Jahre altes Mädchen nach einem Verkehrsunfall vom 1. Halswirbel an abwärts querschnittsgelähmt und verlor hierdurch nicht nur die Fähigkeit sich frei zu bewegen, sondern auch sich durch Sprache mitzuteilen. Das Gericht sprach dem Kind ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000,00 EUR und eine monatliche Rente in Höhe von 500,00 EUR zu.
Für die Berechnung der Schmerzensgeldhöhe geben Schmerzensgeldtabellen Anhaltspunkte, in denen sich vergleichbare Fälle finden lassen. Die bekanntesten sind die „Schmerzensgeld-Beträge“ von Hacks/Wellner/Häcker, oder die „Beck’sche Schmerzensgeldtabelle“ von Slizyk.

c) Verschulden

Voraussetzung für ein Schmerzensgeld ist weiterhin, dass der Schädiger schulhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Täters ist ein höheres Schmerzensgeld anzusetzen, als bei einer leichten Fahrlässigkeit. Dies begründet sich damit, dass der Schädiger in einem sehr hohen Maße die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Kinder sind grundsätzlich nicht deliktsfähig. Wer das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich (§ 828 Abs. 1 BGB). Allerdings können die Eltern schuldhaft gehandelt haben, wenn sie ihren Aufsichtspflichten nicht nachgegangen sind. Wer das 18 Lebensjahr noch nicht vollendet hat wird nicht bestraft, wenn der Person die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun (§ 828 Abs. 3 BGB). Das bedeutet, dass auch Kinder zwischen 7 bis 18 Jahren für einen Schaden verantwortlich sein können, wenn der Schaden vorsätzlich verursacht wurde und dem Kind nicht die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun.

Bei einem Mitverschulden seitens des Geschädigten kann das Schmerzensgeld gemindert werden. So kommt es zu einer Schmerzensgeldreduzierung, wenn der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall nicht angeschnallt war. Jedoch muss bei einem Mitverschulden gefragt werden, ob die Verletzungsfolgen hätten vermieden oder in ihrer Schwere gemindert werden können, wenn der Geschädigte sich verkehrssicher verhalten hätte (BGH 28.02.2012 Az. VI ZR 10/11).

2. Fälle für ein Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall

Nachfolgend wollen wir als Rechtsanwälte einige Hinweise zu Fallgestaltungen geben, die häufig im Verkehrsrecht auftreten und die ebenfalls einen Anspruch auf ein Schmerzensgeld auslösen können.

a) Schmerzensgeld wegen dem Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung

Weniger ist bekannt, dass sich auch ein zögerliches Regulierungsverhalten des Versicherers nach einem Verkehrsunfall schmerzensgelderhöhend auswirken kann (BGH 18.11.1969 Az. VI ZR 81/68). Hierzu zählen die Fälle, in denen eine Vorschusszahlung durch den Versicherer unterbleibt oder der Versicherer durch Ausnutzung seiner wirtschaftlichen Machtstellung seine Zahlungen verzögert. Aber auch haltlose Behauptungen des Versicherers (z.B. Alkoholfahrt) und kleinliches Regulierungsverhalten können zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen. In solchen Fällen wird vielfach eine Erhöhung des Schmerzensgeldes um 20% vorgenommen.

b) Schmerzensgeld für psychische Folgestörungen

Nach einem Verkehrsunfall kommt es häufig zu psychischen Folgestörungen beim Verletzten. Das Unfallereignis wird hier zum Anlass genommen, um ungelöste innere Konflikte zu kompensieren (Konversionsneurose). Auch solche gesundheitlichen Schäden sind bei der Höhe des Schmerzensgeldes zu beachten.
aa) Der häufigste Fall einer Konversionsneurose ist die posttraumatische Belastungsstörung.
Der Verletzte erlebt hier eindringlich und wiederkehrend belastende Erinnerungen an das Unfallereignis. Weitere Symptome sind häufig Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder eine gestörte Wahrnehmung im Straßenverkehr.
bb) Weitere psychische Störungen können Angststörungen (Zittern, Schweißausbrüche) oder depressive Störungen (starke Schuldgefühle, gedrückte Stimmung) sein.
Die Ersatzpflicht des Unfallverursachers umfasst auch solche psychischen Folgestörungen des Verletzten aus dem Unfallereignis im Rahmen des Schmerzensgeldes (BGH 11.11.1997 Az. VI ZR 146/96).

c) Schmerzensgeld nach HWS-Schleudertrauma

Wir wollen hier als Rechtsanwälte auf das HWS-Schleudertrauma nach einem Verkehrsunfall eingehen, weil die Besonderheit dieses Krankheitsbildes darin liegt, das es kaum objektiv diagnostizierbar ist. Der Arzt ist hier oft nur auf die Angaben des Geschädigten angewiesen. Entsprechend oft wird nach unserer Erfahrung als Rechtsanwälte, das Vorliegen eines HWS-Schleudertraumas vom Haftpflichtversicherer in Zweifel gezogen. Wenn aber der Arzt eine Schanz`sche Krawatte, Massagen und Fangopackungen verordnet hat oder deutliche Muskelverhärtungen festgestellt hat, ist vom Vorliegen eines HWS-Schleudertraumas auszugehen.
Aufgrund einer Vielzahl von Sachverständigengutachten, wird man aber davon ausgehen müssen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsveränderung von bis zu 10 km/h noch nicht geeignet ist, ein HWS-Schleudertrauma hervorzurufen.

d) Schockschaden

Ein Schockschaden liegt vor, wenn Angehörige, bedingt durch die erlittene seelische Erschütterung, z. B. beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen, selbst krank werden. Der Verlust bzw. die schwere Erkrankung eines Dritten muss nachweislich sein und spürbar die gesundheitliche Verfassung einschränken. Durch diese gesundheitlichen Einschränkungen können Schmerzensgeldansprüche entstehen. Ein Schmerzensgeldanspruch ist aber nur dann gegeben, wenn das Leid oder die Sorgen, Wesensänderungen oder eine deutliche Schmälerung der Lebensfreude nach sich ziehen und diese Folgen dem Schädigungsereignis kausal zurechenbar sind.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld bei Schockschäden kommt nur für nahe Angehörige in Betracht. Dies kann bei Eltern, Ehegatten und Kindern auftreten. Allein eine Freundschaft soll hier nicht ausreichend sein.