Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrigkeiten im Verkehrsrecht
Verkehrsrecht Verkehrsordnungswidrigkeiten

Im Verkehrsrecht werden häufig Vergehen als Ordnungswidrigkeit geahndet. Entsprechend oft wird ein Rechtsanwalt im Verkehrsrecht zu der Frage konsultiert, ob eine Verkehrsordnungswidrigkeit rechtmäßig geahndet wurde. Wir wollen deshalb hier als Rechtsanwälte für Verkehrsrecht die Grundzüge des Ordnungswidrigkeitsverfahrens erläutern.

1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit

Die Straftat und die Ordnungswidrigkeit sind zwar eng verwandt, im Gegensatz zur Straftat ist eine Ordnungswidrigkeit jedoch geringer von ihrem Unrechtsgehalt anzusehen. Sie beruht häufig auf menschlichen Schwächen, wie Unaufmerksamkeit oder Bequemlichkeit. Jedoch gilt auch wie bei der Straftat, ohne Regelung der Ordnungswidrigkeit in einem Gesetz, kann sie auch nicht geahndet werden. Weiterhin muss bei dem Verdacht einer Straftat die Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln, bei Ordnungswidrigkeiten kann es zu einer Ahndung kommen, es kann jedoch auch davon abgesehen werden.

Derjenige, dem eine Ordnungswidrigkeit vorgeworfen wird, wird dabei als Betroffener bezeichnet. Durch den Ermittlungsgrundsatz muss die ermittelnde Behörde den Sachverhalt umfassend erforschen, dazu zählen sowohl belastende als auch entlastende Tatsachen für den Betroffenen. Die Behörde kann dabei auf eine Vielzahl von Ermittlungsmethoden zurückgreifen, welche auch im Strafrecht Anwendung finden. Besonders einschneidende Maßnahmen sind jedoch bei einer Ordnungswidrigkeit nicht zulässig, z.B. die vorläufige Festnahme oder eine Überwachung des Telefons.
Einen Überblick über das Ordnungswidrigkeitsrecht erhält man im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Dabei sind die Ordnungswidrigkeiten nicht zentral, wie Straftaten im Strafgesetzbuch geregelt, sondern über verschiedene Gesetze verteilt, so z.B. in der StVO oder im Baugesetzbuch.

Die Hauptsanktion der Ordnungswidrigkeit stellt die Geldbuße dar. Die Geldbuße kann nur verhängt werden, wenn sie auch im Gesetz steht. Das Vorliegen von fehlerhaftem Verhalten allein kann nicht sanktioniert werden. Um eine Ordnungswidrigkeit ahnden zu können, muss der Betroffene den Tatbestand im Gesetzestext erfüllt haben, was durch den Rechtsanwalt zu prüfen ist und dabei rechtswidrig und vorwerfbar gehandelt haben. So kann z.B. Kindern unter 14 Jahren eine Ordnungswidrigkeit nicht vorgeworfen werden, ihnen fehlt eine Verantwortlichkeit dafür.

2. Verwarnung oder Bußgeld, Einstellung des Verfahrens

a) Die Verwarnung dient der Sanktionierung von einfach gelagertem Fehlverhalten im Bagatellbereich (Höhe der Geldbuße bis zu 35€). Sie kann mündlich oder schriftlich, mit oder ohne Verwarnungsgeld getroffen werden. Dabei muss eine Belehrung durch die Verfolgungsbehörde erfolgen.
b) Das Bußgeld stellt die eigentliche Erscheinungsform des Ordnungswidrigkeitsrechts dar. Ein Bußgeldbescheid kann nur in Schriftform erfolgen und muss gewissen weiteren Anforderungen genügen, so müssen z.B. die Daten des Betroffenen, der ihm vorgeworfene Verstoß und genutzte Beweismittel aufgeführt sein. Ist ein Bußgeldbescheid ergangen und nimmt die Behörde den Bescheid zurück oder stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, trägt der Staat die Kosten und Auslagen des Betroffenen. Kommt es zu einem Gerichtsurteil gegen den Betroffenen, muss er die Verfahrenskosten tragen, bei Freispruch übernimmt der Staat die Kosten.

3. Höhe der Geldbuße

Die Höhe der Geldbuße bei einer Ordnungswidrigkeit liegt im Regelfall zwischen 5,- € und 1000,- €, höhere Sanktionen sind jedoch möglich. So kann z.B. das Verursachen von erheblichem, belästigendem Lärm mit bis zu 5000,- € geahndet werden. Da für die Geldbuße ein Rahmen festgelegt ist, ergibt sich je nach Fall ein unterschiedlicher Betrag. So spielen für die Höhe der Geldbuße besondere Beweggründe, Einsichtigkeit nach dem Verstoß, die Bedeutung des Verstoßes oder auch die Dauer und Intensität eine Rolle, was durch einen Anwalt zu beachten ist. Fahrlässiges Verhalten, also das Nichtbeachten der im Verkehr üblichen Sorgfalt, wird dabei regelmäßig mit der Hälfte der üblichen Höhe als Verkehrsordnungswidrigkeit geahndet. Auch das „nur Versuchen“ wird regelmäßig geringer sanktioniert. Um für eine Gleichbehandlung und Praktikabilität zu sorgen, wird im Alltag häufig auf Bußgeldkataloge zurückgegriffen, welche Regelsätze für die verschiedenen Ordnungswidrigkeiten enthalten.

4. Nebenfolgen: Fahrverbot und Absehen vom Fahrverbot

Außer dem Bußgeld kann es nach einer Ordnungswidrigkeit auch zu weiteren Nebenfolgen kommen. Werden z.B. Flugblätter verteilt, welche Personen beleidigen, können diese eingezogen werden.
Von besonderer Bedeutung ist jedoch im Verkehrsrecht regelmäßig die Erteilung eines Fahrverbotes bei Verkehrsordnungswidrigkeiten. Dafür muss der Betroffene beharrlich und grob die Pflichten eines Fahrzeugführers verletzt haben. Regelbeispiele finden sich hierfür unter § 4 der BKatV.
Ein Grund für das Absehen von einem Fahrverbot kann jedoch beispielsweise darin liegen, dass zwischen dem Vorfall und der Hauptverhandlung mehr als 24 Monate vergangen sind (OLG DD, 06.05.2003, Az. 562/02).
Selbst bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen kann von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn eine Fremdgefährdung ausgeschlossen werden kann. Das ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h auf einer gut ausgebauten Autobahn mit trockener Fahrbahn und bei einem niedrigen Verkehrsaufkommen der Fall.

Eine für den Betroffenen unzumutbare Härte kann ebenfalls ein Absehen vom Fahrverbot bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit begründen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn wegen des Fahrverbotes der Verlust des Arbeitsplatzes droht. Hier ist es jedoch notwendig, dass tatsächlich eine Kündigung unmittelbar bevorstehen würde (OLG Hm., 07.08.2008, Az. 2 Ss OWI 505/08).
Wird durch ein Handeln eine Straftat sowie eine Ordnungswidrigkeit begangen, geht die Sanktionierung der Straftat vor. Nebenfolgen können jedoch verhängt werden. Wird keine Strafe verhängt, kann die Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

5. Einspruch gegen den Bußgeldbescheid und Verjährung von Ordnungswidrigkeiten

a) Gegen einen Bußgeldbescheid kann innerhalb von 2 Wochen durch den Betroffenen selbst oder durch einen Rechtsanwalt Einspruch eingelegt werden. Wer selbst schriftlich Einspruch einlegt, muss aber darauf achten, dass der Einspruch auch binnen 2 Wochen bei der Verwaltungsbehörde eingeht. Ein Telefaxschreiben wahrt die Schriftform, wenn es vom Absender direkt zum Empfangsgerät der Verwaltungsbehörde gesandt wird (BGH 02.10.1991, Az. IV ZR 68/91). Zur Begründung des Einspruchs ist es empfehlenswert, Einsicht in die Verfahrensakte bei der Bußgeldbehörde zu nehmen. Die Akteneinsicht ist allerdings nur durch einen Rechtsanwalt möglich.

b) Die Verjährung einer Ordnungswidrigkeit, also der Zeitpunkt ab dem sie nicht mehr geahndet werden kann, hängt maßgeblich von der Höhe der Geldbuße ab. So verjährt eine Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldhöhe von 10.000,- € erst nach 2 Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist liegt bei 3 Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Ende der Handlung, die die Ordnungswidrigkeit darstellt.
Es reicht aber nicht immer aus, innerhalb von 3 Monaten nach der begangenen Ordnungswidrigkeit nichts von der Verwaltungsbehörde gehört zu haben. Bei bestimmten Ordnungswidrigkeiten kann auch eine längere Frist gelten. Eine sich in der Bußgeldakte befindende Anordnung der Versendung eines Anhörungsbogens genügt zur Unterbrechung der Verjährung, so dass ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist erneut beginnt.