Personenbedingte Kündigung

Anwalt personenbedingte Kündigung Arbeitsrecht
Personenbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Die personenbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages ist im Arbeitsrecht in § 1 KSchG geregelt. Wenn auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, muss eine Kündigung des Arbeitsvertrages sozial gerechtfertigt sein. Das Kündigungsschutzgesetz lässt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen zu. Mit einer personenbedingten Kündigung soll der Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr die Fähigkeit besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (BAG 20.06.2013 Az. 2 AZR 583/12).
Beispiele für eine personenbedingte Kündigung sind die Kündigung wegen Schlechtleistung, die krankheitsbedingte Kündigung oder die Kündigung wegen Alkoholsucht.
Ein Rechtsanwalt prüft, ob die Voraussetzungen für eine personenbedingte Kündigung vorliegen. Als Rechtsanwälte für Arbeitsrecht wollen wir deshalb nachfolgend erläutern, welche Anforderungen für eine wirksame personenbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages vorliegen müssen.

1. Der Unterschied der personenbedingten Kündigung zur verhaltensbedingten Kündigung

Kennzeichnend für die personenbedingte Kündigung ist es, dass der Verlust der Fähigkeit zur Erfüllung der Arbeitsleistung nicht steuerbar ist. Dagegen liegt der verhaltensbedingten Kündigung ein vorwerfbares (schuldhaftes) und steuerbares Verhalten zugrunde (BAG 08.09.2011 Az. 2 AZR 543/10). Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall nicht in der Lage die Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine Pflichtverletzung oder Vertragsverletzung vorzuwerfen wäre.

2. Die Voraussetzungen für eine personenbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Die personenbedinge Kündigung ist gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG nur dann im Arbeitsrecht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund mangelnder Eignung oder nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften nicht mehr in der Lage ist, künftig seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Die mangelnde Eignung muss zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers führen und es darf keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz möglich sein. Die Interessenabwägung muss zuungunsten des Arbeitnehmers ausfallen.

a) Mangelnde Eignung oder fehlende Fähigkeiten

Eine personenbedingte Kündigung kann gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Arbeitsvertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist (BAG 28.01.10 Az. 2 AZR 764/08). Für eine personenbedingte Kündigung im Arbeitsrecht kommen deshalb nur Gründe in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ beruhen (BAG 24.03.2011 Az. 2 AZR 790/09).

Die Ursache einer mangelnden körperlichen oder geistigen Eignung kann auf einer Krankheit oder auf einem hohen Alter beruhen, wodurch die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers herabgesetzt wird. Ebenso kann sich eine mangelnde Eignung daraus ergeben, dass dem Arbeitnehmer Fertigkeiten fehlen. Verliert ein Kraftfahrer seine Fahrerlaubnis oder hat ein ausländischer Arbeitnehmer keine Arbeitsgenehmigung, ist ebenfalls von einer mangelnden Eignung des Arbeitnehmers auszugehen. Im öffentlichen Dienst liegt ein Eignungsmangel vor, wenn begründete Zweifel an der politischen Treuepflicht des Arbeitnehmers bestehen.

b) Abmahnung

Der Ausspruch einer Abmahnung ist vor einer personenbedingte Kündigung nicht immer Voraussetzung, weil der Arbeitnehmer ja sein Verhalten in diesem Fall nicht steuern kann und demzufolge auch keine Verhaltensänderung eintreten kann, wenn das Verhalten abgemahnt wird. Dennoch wird eine Abmahnung in einigen Fällen von der Rechtsprechung vor Ausspruch der personenbedingten Kündigung für erforderlich gehalten. Wir führen sie deshalb hier als Voraussetzung für die personenbedingte Kündigung auf, da sie erforderlich sein kann, um eine negative Zukunftsprognose (Ziff. 2b) zu begründen.

Wenn der Arbeitnehmer allerdings die Möglichkeit hat den Kündigungsgrund zu beseitigen, dann ist auch vor Ausspruch der personenbedingten Kündigung des Arbeitsvertrages eine Abmahnung notwendig. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitgeber behebbare Mängel in der fachlichen Eignung des Arbeitnehmers zum Anlass für eine Kündigung des Arbeitsvertrages nehmen will (LAG Kn. 23.05.2002 Az. 7 Sa 71/02). Hier wäre es dem Arbeitnehmer möglich, durch eine Fortbildung den personenbedingten Kündigungsgrund auszuräumen. So kann z. B. auch bei einem Musiker eine unzureichende Leistung durch Übung zu beseitigen sein. Wenn das der Fall ist, dann kann auch bei der personenbedingten Kündigung eine Abmahnung Voraussetzung für eine Kündigung sein, weil nur dann eine negative Zukunftsprognose vorliegt, wenn die Eignung auch nach einer Abmahnung nicht hergestellt wird (BAG 30.09.1993 Az. 2 AZR 283/93).

Auch bei anderen behebbaren Leistungshindernissen im Arbeitsrecht, z. B. fehlenden Sprachkenntnissen, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch der personenbedingten Kündigung auffordern, das Leistungshindernis zu beheben (LAG Hm. 25.09.2012 Az. 9 Sa 702/12).
Eine Abmahnung ist aber dann bei behebbaren Leistungshindernissen entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer deutlich macht, dass er nicht bereit ist, das Leistungshindernis zu beseitigen (BAG 28.01.2010 Az. 2 AZR 764/08).
Auch bei der Abmahnung aus personenbedingten Gründen gilt, dass sich der Arbeitgeber in der Kündigung nicht ausschließlich auf den Sachverhalt aus der Abmahnung beziehen darf. Vielmehr muss er sich darauf berufen, dass der Leistungsmangel auch nach Ausspruch der Abmahnung nicht durch den Arbeitnehmer behoben wurde (BAG 12.05.2011, Az. 2 AZR 479/09).

c) Negative Zukunftsprognose

Die personenbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Fähigkeit oder Eignung des Arbeitnehmers, die Arbeitsleistung zu erbringen, bald wiederhergestellt werden kann (BAG 10.10.2002 Az. 2 AZR 472/01).

d) Erhebliche betriebliche Beeinträchtigung

Die fehlende Eignung, die Arbeitsleistung zu erbringen, muss sodann zu einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses führen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der personenbedingten Kündigung noch andauert und auch in der Zukunft weiterhin fortdauern wird. Es müssen konkrete Auswirkungen auf den Betrieb feststellbar sein.

e) Kein milderes Mittel möglich

Im Rahmen des im Arbeitsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist weiterhin durch den Anwalt zu prüfen, ob die personenbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages nicht durch mildere Mittel verhindert werden kann. Dabei ist an eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz, eine Versetzung oder an eine Fortbildung oder Umschulung zu denken (BAG 20.06.2013 Az. 2 AZR 583/12).
Ist eine Weiterbeschäftigung auf einem Arbeitsplatz möglich, auf dem die Eignungsmängel unbedeutend sind, dann ist eine personenbedingte Kündigung unbegründet. Dabei sind alle Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem gleichwertigen oder geringer bewerteten Arbeitsplatz zu prüfen. Dem Arbeitgeber hat dabei auch eine zumutbare Umorganisation zu prüfen, wenn dadurch eine Weiterbeschäftigung ermöglicht wird. Kann eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen erfolgen, ist vor einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung auszusprechen. Dem Arbeitgeber ist es auch zumutbar, einen Arbeitsplatz im Wege der Arbeitsanweisung freizumachen (BAG 13.05.2015 Az. 2 AZR 565/14).

f) Interessenabwägung

Im Rahmen der Interessenabwägung ist durch den Rechtsanwalt zu prüfen, ob es dem Arbeitgeber noch zumutbar ist, die Störung des Arbeitsverhältnisses hinzunehmen oder ob die Kündigung bei Abwägung aller Interessen billigenswert und angemessen erscheint (BAG 10.10.2002 Az. 2 AZR 472/01).
Beim Arbeitnehmer sind das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten sowie ggf. eine Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Insbesondere bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit ist zu beachten, wie lange das Arbeitsverhältnis bisher störungsfrei verlaufen ist. Je länger das Arbeitsverhältnis bestanden hat, umso größer muss das Ausmaß der betrieblichen Störung sein, damit der Arbeitgeber die Interessenabwägung zu seinen Gunsten entscheiden kann (BAG 06.09.1989 Az. 2 AZR 224/89).

Gibt es betriebliche Ursachen für die mangelnde Leistungsfähigkeit oder handelt es sich um einen altersbedingten Leistungsrückgang, ist das zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Das Ausmaß der betrieblichen Beeinträchtigungen und die Höhe der Entgeltfortzahlungskosten ist zugunsten des Arbeitgebers zu werten.

3. Rechtsprechung zu personenbedingten Kündigungsgründen

a) Alkoholsucht

Eine Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit im medizinischen Sinn. Die Kündigung des Arbeitsvertrages wegen Alkoholsucht ist deshalb nach den für die krankheitsbedingte Kündigung geltenden Grundsätzen im Arbeitsrecht zu beurteilen (BAG 20.12.2012 Az. 2 AZR 32/11).

b) Alter

Die Vollendung des 65. Lebensjahres ist kein Grund für eine personenbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages (BAG 20.11.1987 Az. 2 AZR 284/86). Auch der Bezug einer Altersrente ist kein personenbedingter Kündigungsgrund.

c) Arbeits- und Berufsausübungserlaubnis

Wurde einem ausländischen Arbeitnehmer die Arbeitserlaubnis rechtskräftig versagt, ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages sozial gerechtfertigt, denn er kann dann die Arbeitsleistung dauerhaft nicht erbringen (BAG 19.01.1977 Az. 3 AZR 66/75). Auch wenn andere Erlaubnisse wegfallen, wie z. B. Aufenthaltserlaubnis, Fahrerlaubnis oder Fluglizenz, kann eine Kündigung des Arbeitsvertrages sozial gerechtfertigt sein, wenn dadurch die Arbeitsleistung arbeitsrechtlich unmöglich wird (BAG 07.02.1990 Az. 2 AZR 359/89). Das wird aber regelmäßig der Fall sein.

d) Strafbares außerdienstliches Verhalten

Ein solches Verhalten kann, je nach den Umständen, eine personenbedingte oder eine verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht rechtfertigen.

aa) Wenn durch das strafbare außerdienstliche Verhalten Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung des Arbeitnehmers begründet werden, kann das dazu führen, dass es ihm an der Eignung für die Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob dieser Eignungsmangel ein personenbedingter Kündigungsgrund ist, hängt von der Art der Straftat, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und der Stellung im Betrieb ab. Im öffentlichen Dienst kann eine außerdienstlich begangene Straftat auch dann einen Eignungsmangel begründen, wenn es an einem Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt. Die Kündigung wegen eines Eignungsmangels ist aber unwirksam, wenn für den Arbeitgeber die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz – auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen – weiterzubeschäftigen, auf dem sich der Eignungsmangel nicht auswirkt. Das gilt auch bei einem Eignungsmangel wegen außerdienstlich begangener Straftaten.

bb) Ein strafbares außerdienstliches Verhalten kann auch eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn die Straftat einen Bezug zur Tätigkeit des Arbeitnehmers hat und dadurch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer verletzt werden. Aber auch eine verhaltensbedingte Kündigung wäre hier nur dann sozial gerechtfertigt, wenn keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht (BAG 20.06.2013 Az. 2 AZR 583/12).

e) Eignungsmängel

Hat der Arbeitnehmer nicht oder nicht mehr die Fähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, kann eine personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Sind die Mängel einer fachlichen Eignung behebbar, hat der Arbeitgeber zunächst eine Fortbildungsmaßnahme anzubieten. Das ist aber nicht der Fall, wenn einem Programmierer die Programmierkenntnisse fehlen, die er nur in einer zweijährigen Ausbildung erlangen kann. Eine so lange Ausbildung ist dem Arbeitgeber nicht zumutbar und eine personenbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages wäre sozial gerechtfertigt (BAG 19.04.2012 Az. 2 AZR 233/11).

Die persönliche Ungeeignetheit kann sich im Arbeitsrecht auch aus gesundheitlichen Gründen ergeben. In diesem Fall darf der Arbeitgeber zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung eine betriebsärztliche Untersuchung verlangen, wenn hieran ein berechtigtes betriebliches Interesse besteht. Von einem Kraftfahrer mit häufigen Unfällen im Personennahverkehr kann verlangt werden, dass dieser sich einer MPU unterzieht (§ 3 Abs. 4 TV-N). Lässt sich der Kraftfahrer ohne Begründung nicht untersuchen, kann das nach einer Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (BAG 27.09.2012 Az. 2 AZR 811/11).

f) Strafhaft

Ob eine Kündigung wegen einer Strafhaft wirksam ist, richtet sich danach, wie lange die Haft dauert, welche Betriebsstörungen dadurch entstehen und ob die Möglichkeit besteht, Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen (BAG 24.03.2011 Az. 2 AZR 790/09). Jedenfalls dann, wenn mit einer mehrjährigen Haftstrafe gerechnet werden muss, kann dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten. Das gilt auch schon für eine Untersuchungshaft.
Der Arbeitgeber muss eine Verurteilung nicht abwarten. Er kann eine Prognose anstellen, ob der Arbeitnehmer für längere Zeit an der Erbringung seiter Arbeitsleistung gehindert sein wird. Hierzu muss der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen und er muss dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme geben (BAG 23.05.2013 Az. 2 AZR 120/12).