Überstunden

Anwalt Arbeitsrecht Überstunden
Überstunden im Arbeitsverhältnis

Im Arbeitszeitrecht wird am häufigsten ein Rechtsanwalt zu der Frage benötigt, ob Überstunden geleistet werden müssen und ob diese durch Freizeit oder durch Geld abgegolten werden müssen. Wir wollen deshalb diese Frage hier als Rechtsanwälte für Arbeitsrecht beantworten.

A) Mehrarbeit

1. Unterschied Mehrarbeit und Überstunden

Unter Mehrarbeit wird im Arbeitsrecht die über die gesetzliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinaus geleistete Arbeit verstanden. Dagegen liegen Überstunden vor, wenn über die betrieblich geschuldete Arbeitszeit hinaus gearbeitet wird.

2. Mehrarbeitsvergütung

Hat der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag über die gesetzlich zulässige Arbeitszeit Mehrarbeit zu leisten, ist die Vereinbarung nichtig (§ 3 ArbZG i.V.m. § 134 BGB). Für die unzulässige Mehrarbeit besteht jedoch ein Vergütungsanspruch (§ 612 Abs. 1 BGB). Die Höhe der Mehrarbeitsvergütung kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Enthält der Arbeitsvertrag keine Regelung zur Überstundenvergütung, ist aber eine Vergütung für die regelmäßige Arbeitszeit im Arbeitsvertrag bestimmt, sind die Überstunden anteilig zu vergüten (BAG 24.08.2016 Az. 5 AZR 129/16). Der Anspruch auf Vergütung der über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeit (Mehrarbeit) wird nicht durch eine Regelung im Arbeitsvertrag ausgeschlossen, dass Überstunden durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten wären (BAG 28.09.2005 Az. 5 AZR 52/05).

3. Qualitative Mehrarbeit

Eine Mehrarbeitsvergütung kann im Arbeitsrecht auch dann geschuldet sein, wenn der Arbeitnehmer mit Billigung des Arbeitgebers über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus höherwertige Leistungen erbringt, die mit der Arbeitsvergütung nicht abgegolten ist. So kann eine zur ständigen Vertreterin des Schulleiters bestellte Lehrkraft erwarten, eine der Verantwortung entsprechende Vergütung zu erhalten. Die Höhe der Vergütung bemisst sich dann nach § 612 Abs. 2 BGB. Als übliche Vergütung ist grundsätzlich die Beamtenbesoldung anzusehen.(BAG 04.08.2016 Az. 6 AZR 237/15).

B) Überstunden

1. Begriff der Überstunden im Arbeitsrecht

Unter Überstunden versteht man im Arbeitsrecht die auf Anordnung oder mit Billigung des Arbeitgebers über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden des Arbeitnehmers.
Verschiebt sich lediglich die Lage der Arbeitszeit, ergeben sich daraus keine Überstunden. Beträgt etwa die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 38,5 Arbeitsstunden, leistet der Arbeitnehmer erst dann Überstunden, wenn die auf das Jahr bezogene Arbeitszeit von 38,5 Arbeitsstunden pro Arbeitswoche überschritten wird. Daher zählen Mehrleistungen in der einzelnen Arbeitswoche, die durch eine Arbeitszeitverkürzung in der Folgezeit ausgeglichen werden, nicht als Überstunden (BAG 11.11.1997 Az. 9 AZR 566/96).

Eine Beschäftigung „in Vollzeit“ ist so zu verstehen, dass damit eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vereinbart ist. Überstunden werden also ab der 41. Arbeitsstunde geleistet (BAG 25.03.2015 Az. 5 AZR 602/13). Ist bei einem Kraftfahrer die arbeitsrechtlich erlaubte Arbeitszeit vereinbart, dann ist die nach § 21a Abs. 4 ArbZG erlaubte Arbeitszeit geschuldet. Überstunden fallen hier also erst ab 60 Arbeitsstunden wöchentlich an, oder wenn im Durchschnitt von 4 Kalendermonaten mehr als 48 Stunden wöchentlich gearbeitet wurde (BAG 18.04.2012 Az. 5 AZR 195/11).

2. Rechtsgrundlage für Überstunden

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer nur zur Erbringung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit verpflichtet. Eine über diese Arbeitszeit hinausgehende Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung bedarf daher im Arbeitsrecht einer besonderen Rechtsgrundlage, welche nicht bereits durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO gegeben ist. Eine solche Rechtsgrundlage kann sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag ergeben, wenn dieser eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden beinhaltet. Auch ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung, kann den Arbeitnehmer zur Ableistung von Überstunden verpflichten (BAG 03.06.2003 Az. 1 AZR 349/02).

Fehlt es an einer konkreten Regelung im Arbeits- oder Tarifvertrag und liegt auch keine Betriebsvereinbarung vor, kann der Arbeitnehmer ausnahmsweise zur Abwendung einer Notlage für den Betrieb zur Überstundenleistung aufgrund der durch Arbeitsvertag begründeten Treuepflicht verpflichtet sein (ArbG Leipzig 04.02.2003, Az. 7 Ca 6866/02).
Schwerbehinderte Arbeitnehmer und ihnen Gleichgestellte können verlangen, dass sie keine Überstunden zu erbringen haben (§ 207 SGB IX).

3. Abgeltung der Überstunden im Arbeitsrecht

Wie Überstunden abzugelten sind, muss sich aus einer arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelung ergeben. Fehlt diese, kann sich der Vergütungsanspruch im Arbeitsrecht aus § 612 Abs. 1 BGB ergeben. Ein Zuschlag auf die Überstundenvergütung kann geschuldet sein, wenn in dem jeweiligen Wirtschaftszweig die Überstundenvergütung mit einem Zuschlag erfolgt (BAG 25.03.2015 Az. 5 AZR 602/13).

a) Freizeitausgleich

Die vom Arbeitnehmer erbrachten Überstunden können in Form eines bezahlten Freizeitausgleichs abgegolten werden, wenn das arbeitsvertraglich vereinbart ist (BAG 23.01.2001 Az. 9 AZR 26/00). Ist ein solcher Freizeitausgleich vereinbart, entsteht ein Vergütungsanspruch nur in Ausnahmefällen etwa dann, wenn der Freizeitausgleich wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist (LAG Kn. 02.10.1996 Az. 7 Sa 491/96).
Hat der Arbeitnehmer eine Leitungsposition inne bei welcher eine feste Arbeitszeit nicht vorgegeben ist, kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer durch entsprechende Gestaltung und Organisation seines Arbeitsablaufs selbst für den erforderlichen Freizeitausgleich sorgt. Eine solche Vereinbarung ist solange zulässig, wie dem Arbeitnehmer ein solcher Freizeitausgleich tatsächlich möglich ist (BAG 04.05.1994 Az. 4 AZR 445/93).

Ein bezahlter Freizeitausgleich kann dann im Arbeitsrecht an die Stelle eines bereits entstandenen Anspruchs auf Vergütung der Überstunden treten, wenn zwischen den Vertragsparteien eine dementsprechende Ersetzungsbefugnis vereinbart wurde. Liegt eine solche Befugnis nicht vor, kann der Arbeitgeber einen entstandenen Anspruch auf Überstundenvergütung nicht durch einseitige Anordnung durch Freistellung von der Arbeit erfüllen (BAG 18.09.2001 Az. 9 AZR 307/00).

b) Überstundenvergütung

In aller Regel haben aber Arbeitnehmer Interesse an einer Vergütung der von ihnen erbrachten Überstunden. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Überstundenvergütung gibt es jedoch nicht. Deshalb kommt es im Arbeitsrecht zunächst wieder darauf an, was hinsichtlich der Überstundenvergütung in einem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart ist.
Treffen vertragliche oder tarifvertragliche Bestimmungen eine Regelung über die Überstundenvergütung, bilden diese Regelungen die Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung einer Überstundenvergütung durch den Arbeitnehmer.
Eine Regelung im Formulararbeitsvertrag, wonach für Mehrarbeit keine weitere Vergütung geleistet wird, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig „bei betrieblichem Erfordernis“ in nicht näher konkretisierten Umfang zu Überstunden verpflichtet ist, ist aber intransparent und damit unwirksam (BAG 22.02.2012 Az. 5 AZR 765/10).

aa) Pauschalabgeltung der Überstunden

Im Arbeitsvertrag kann auch eine Pauschalabgeltung von Überstunden vereinbart sein, wonach eine Abgeltung für jede einzelne Überstunde ausgeschlossen ist. Hat der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag vorformuliert und dem Arbeitnehmer in dieser Form zur Unterschrift angeboten, dann handelt es sich um gestellte Vertragsbedingungen. Auf die Regelung zur Überstundenvergütung ist dann im Arbeitsrecht § 305c Abs. 2 i.V.m. §§ 306 bis 309 BGB anzuwenden. Ob der Vertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, ist unerheblich, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag (BAG 16.05.2012 Az. 5 AZR 347/11).

Eine pauschale Überstundenvergütung ist jedoch in einem vorformulierten Arbeitsvertrag nur dann wirksam, wenn sie klar und verständlich ist. Das ist der Fall, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 22.02.2012 Az. 5 AZR 765/10).

Ist in einem Arbeitsvertrag vereinbart, dass Überstunden mit dem Gehalt pauschal abgegolten sind und Mehrarbeit im „Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ zu leisten ist, dann ist die Regelung unwirksam. Der Umfang der von der pauschalen Abgeltung erfassten Überstunden ist ebenso wenig bestimmt, wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind (BAG 16.05.2012 Az. 5 AZR 347/11).
Die Formulierung „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ ist ebenfalls nicht ausreichend transparent (BAG 01.09.2010 Az. 5 AZR 517/09). Die Regelung im Formulararbeitsvertrag, dass in der Monatsvergütung die ersten zwanzig Überstunden „mit drin“ sind, ist dagegen nicht intransparent und damit wirksam (BAG 16.05.2012 Az. 5 AZR 331/11).
Zudem muss im Arbeitsrecht beachtet werden, dass eine Vereinbarung der Pauschalierung der Überstunden im Arbeitsvertrag nur wirksam ist, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger als eine anwendbare tarifliche Regelung ist (BAG 17.04.2002 Az. 5 AZR 644/00).

bb) Überstundenvergütung ohne vertragliche Vereinbarung

Fehlt es an einer arbeitsvertraglichen Regelung zur Überstundenvergütung oder ist diese unwirksam, kann der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch im Arbeitsrecht auf § 612 Abs. 1 BGB stützen. Demnach gilt eine Arbeitsvergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Erforderlich ist das Vorliegen einer objektiven Vergütungserwartung. Diese ist anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 21.09.2011 Az. 5 AZR 629/10).

So kann eine Vergütungserwartung angenommen werden, wenn im betroffenen Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. An einer Vergütungserwartung fehlt es aber, wenn der Arbeitnehmer Dienste höherer Art schuldet oder wenn eine Vergütung gezahlt wird, die die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet (BAG 22.02.2012 Az. 5 AZR 765/10).

Eine Vergütungserwartung für Überstunden liegt beispielsweise in den im ArbeitsrechtFällen vor, in denen der Arbeitnehmer in der für den Arbeitgeber erkennbaren Erwartung tätig wird, dass seine zusätzliche Arbeitsleistung durch eine in der Zukunft erfolgende Übergabe von Vermögen (etwa die spätere Übernahme einer Steuerpraxis) abgegolten werden soll. Erfolgt daraufhin für die zusätzliche Arbeitsleistung keine Überstundenbezahlung und besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser unterwertigen oder fehlenden Zahlung und der Erwartung, so kommt, wenn die Übergabe des Vermögens unterbleibt, eine Bezahlung der zusätzlichen Arbeitsleistung in Betracht (BAG 14.07.1966, Az. 5 AZR 2/66).
In Fällen, in denen der Arbeitnehmer neben einer arbeitszeitbezogenen Vergütung für einen Teil seiner Arbeitsaufgaben Provisionen erhält, ist eine objektive Vergütungserwartung für Überstunden in der Regel zu verneinen (BAG 27.06.2012 Az. 5 AZR 530/11).

4. Ausschlussfristen

Will der Arbeitnehmer eine Überstundenvergütung geltend machen, muss er das fristwahrend tun, wenn der Anspruch nicht verfallen soll. Eine solche Ausschlussfrist kann im Arbeitsvertrag vereinbart sein und darf einen Zeitraum von drei Monaten nicht unterschreiten, was durch den Anwalt zu prüfen ist (BAG 28.09.2005 Az. 5 AZR 52/05). Da die Geltendmachung der Überstundenvergütung den Arbeitgeber zur Prüfung der Überstunden und einer diesbezüglichen Vergütung veranlassen soll, genügt ein Schreiben des Arbeitnehmers oder Anwalts, in dem er lediglich ganz allgemein den Ausgleich oder eine materielle Anerkennung für mehr als 700 Überstunden fordert, nicht. Vielmehr muss der Rechtsanwalt die von dem Arbeitnehmer geleisteten Überstunden dem Grunde und der Höhe nach genau darlegen (BAG 17.04.2002, Az. 5 AZR 644/00).

5. Darlegungs- und Beweislast

Der Arbeitnehmer oder sein Anwalt muss in einem Arbeitsrechtsprozess darlegen und beweisen, dass er tatsächlich Überstunden geleistet hat.

a) Umfang der geleisteten Überstunden

Der Anwalt hat demnach im Einzelnen vorzutragen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten der Arbeitnehmer über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat (BAG 03.11.2004 Az. 5 AZR 648/03).
Beruft sich dann der Arbeitgeber oder sein Rechtsanwalt darauf, dass dem Arbeitnehmer eine Überstundenvergütung nicht zusteht, hat er wiederum vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer im Einzelnen übertragen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Arbeitsanweisungen nicht nachgekommen ist (BAG 16.05.2012 Az. 5 AZR 347/11). Äußert sich der Arbeitgeber dagegen nicht zu dem Vortrag des Arbeitnehmers oder kann er diesen nicht entkräften, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Überstunden als zugestanden (BAG 18.04.2012 Az. 5 AZR 248/11).

Es reicht für die Darlegung der Überstunden durch den Rechtsanwalt nicht aus, wenn lediglich auf Anlagen verwiesen wird. Diese können nur der Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen. Beigefügte Anlagen verpflichten das Gericht nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (BAG 19.09.2012 Az. 5 AZR 627/11).
Ist streitig, ob eine Arbeitsleistung oder lediglich Bereitschaftsdienst vorliegt, muss der Anwalt detailliert vortragen, welche Arbeitstätigkeiten er ausgeführt hat (BAG 29.05.2002 Az. 5 AZR 370/01). Steht fest, dass der Arbeitnehmer Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet hat und kann er seiner Darlegungslast für jede einzelne Überstunde nicht genügen, kann das Gericht den Mindestumfang der Überstunden schätzen (BAG 25.03.2015 Az. 5 AZR 602/13).

aa) Kraftfahrer

Ein Kraftfahrer kann seiner Darlegungslast genügen, wenn der Anwalt vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Es ist dann Sache des Arbeitgebers bzw. seines Rechtsanwalts, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 ArbZG darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer in geringerem Umfang gearbeitet hat. Ein Kraftfahrer muss auch nicht für jede Tour vortragen, dass die Überstunden ausdrücklich angeordnet wurden. Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und er sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, sind die Überstunden unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung, zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig (BAG 16.05.2012 Az. 5 AZR 347/11).

bb) Arbeitszeitguthaben

Verlangt der Arbeitnehmer, die Überstunden seien auf ein Arbeitszeitkonto gutzuschreiben genügt es nicht, wenn der Rechtsanwalt im Arbeitsrechtsstreit die Überstundenleistung vorzuträgt. Der Anwalt hat auch vorzutragen, dass der Arbeitgeber diese angeordnet, geduldet oder gebilligt hat oder die Überstunden jedenfalls erforderlich waren. Weist der Arbeitgeber in einem Arbeitszeitkonto Guthabenstunden vorbehaltlos aus, ist das Arbeitszeitguthaben unbestritten (BAG 23.09.2015 Az. 5 AZR 767/13).

b) Anordnung oder Duldung der Überstunden

Der Arbeitgeber muss Überstunden nur vergüten, wenn er die Leistung der Überstunden veranlasst hat oder diese ihm zurechenbar sind. Deshalb muss der Arbeitnehmeranwalt darlegen, dass die von ihm erbrachten Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeitsleistung notwendig waren (BAG 25.05.2005 Az. 5 AZR 319/04).

aa) Anordnung von Überstunden

Bei einer Anordnung der Überstunden muss der Anwalt des Arbeitnehmers im Arbeitsrechtsstreit vortragen, wer wann und auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Eine konkludente Anordnung liegt vor, wenn der Arbeitgeber eine Arbeit zuweist, die nur durch Leistung von Überstunden zu erfüllen ist. Dazu muss der Rechtsanwalt des Arbeitnehmers darlegen, dass die Arbeit in der Normalarbeitszeit nicht zu leisten war. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Arbeit zugewiesen hat, die nur unter Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet werden konnte und der Arbeitgeber zudem die Erwartung ihrer baldigen Erledigung zum Ausdruck gebracht hat (BAG 10.04.2013 Az. 5 AZR 122/12).

bb) Billigung von Überstunden

Eine Billigung von Überstunden liegt im Arbeitsrecht vor, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit den schon geleisteten Überstunden einverstanden zu sein. Das kann der Fall sein, wenn die geleisteten Überstunden durch einen Vorgesetzten abgezeichnet werden. Der Anwalt des Arbeitnehmers muss im Arbeitsrechtsstreit darlegen, wer wann und auf welche Weise das Einverständnis mit der Leistung der Überstunden erklärt hat.

cc) Duldung von Überstunden

Eine Duldung von Überstunden liegt vor, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zu unterbinden. Dazu muss der Anwalt des Arbeitnehmers im Arbeitsrechtsstreit vortragen, von welchen Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt hat und es hierauf zu weiteren Überstundenleistungen gekommen ist. Der Arbeitgeberanwalt muss hierauf erwidern, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zur Unterbindung einer von ihm nicht gewollen Überstundenleistung ergriffen hat (BAG 10.04.2013, Az. 5 AZR 122/12).